07.02.2024

Steuerliche Hürden bei Projekt-SPV’s

Alexander Lehnen, Partner, HEUSSEN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Alexander Lehnen

Die Projektentwicklerkrise geht erwartungsgemäß auch Anfang des Jahres 2024 weiter. Immer mehr Projekten und Projektentwicklungshäusern selbst droht die Insolvenz. In zunehmender Insolvenznähe bzw. bei der Erarbeitung von Lösungsszenarien in/aus der Insolvenz müssen nicht nur insolvenz-, handels- und zivilrechtliche Herausforderungen gelöst werden, sondern es sind auch die steuerlichen Implikationen der Sanierungsmaßnahmen zu beachten. Bei einer durchschnittlichen Steuerbelastung von ca. 30% Körperschaft- und Gewerbesteuer auf Gewinne in deutschen Objektgesellschaften droht sonst ein Sanierungsvorhaben an der mit den Maßnahmen verbundenen Steuerlast zu scheitern. Im Folgenden werden übliche Sanierungsinstrumente und deren steuerliche Auswirkungen auf Objekt-SPVs und Gläubiger beleuchtet.

1. Forderungsverzicht

Oft schon bei Abschluss der Kreditverträge mit der Bank verlangt diese einen qualifizierten Rangrücktritt auf Gesellschafterdarlehen oder andere Fremdmittel (alternativer Gläubiger). Die Vereinbarung eines solchen Rangrücktritts ist steuerlich (noch) unbeachtlich.

Erklärt die Bank, ein alternativer Gläubiger oder ein Gesellschafter jedoch einen (teilweisen) Verzicht auf eine Forderung oder ein Darlehen / Fremdkapitalinstrument, löst dies in Höhe des Verzichts grundsätzlich einen steuerpflichtigen Ertrag beim Objekt-SPV aus.

Seit dem Veranlagungszeitraum 2017 besteht wieder eine gesetzliche Regelung zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen in § 3a EStG – zuvor bestand ca. 20 Jahre lang ein sog. Sanierungserlass der Finanzverwaltung. Das Gesetz stellt Gewinne aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung steuerfrei, auch Erträge aus einer nach InsO erteilten Restschuldbefreiung oder einem Schuldenerlass auf Grund eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplans werden von dieser Norm erfasst.

Eine unternehmensbezogene Sanierung liegt vor, wenn der Steuerpflichtige für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger nachweist. In förmlicher Hinsicht bestehen keine gesetzlichen Anforderungen an den Nachweis, sodass hierzu auf die Rechtsprechung und die Verwaltungsauffassung zu § 3 Nr. 66 EStG aF zurückgegriffen werden kann. Nach der zum Sanierungserlass ergangenen Verwaltungsanweisung kann dieser Nachweis jedenfalls mit Hilfe eines Sanierungsplans erbracht werden. Der Sanierungsplan muss sich mit den Voraussetzungen für einen Steuererlass "bezogen auf den jeweiligen Sanierungsfall" auseinandersetzen und darlegen, dass die getätigten Maßnahmen geeignet sind, das Unternehmen bzw. einen Unternehmensträger (natürliche oder juristische Person) vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Der Nachweis kann auch mittels Indizien oder Glaubhaftmachung geführt werden. Ob der Sanierungsplan dabei an die formalen Anforderungen des IDW Standards S 6 (IDW S 6) oder an die Anforderungen vom Institut für Standardisierung von Unternehmenssanierungen (ISO) gebunden ist, ist nicht abschließend geklärt. Es dürfte wohl ausreichend sein, wenn die Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit des Unternehmens sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger dargelegt werden.

Auf der „anderen“ Seite beim Finanzierungsgläubiger führt der Forderungsverzicht zu einer Betriebsvermögensminderung, die steuerlich voll zu berücksichtigen ist.

 2. Kapitalerhöhung

Eine Kapitalerhöhung hat beim Objekt-SPV zunächst keine steuerlichen Implikationen. Werden mit der Maßnahme allerdings 50% des gezeichneten Kapitals, der Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an der Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen, könnten bestehende Verlustvorträge gem. § 8c KStG untergehen. Dies gilt nicht, wenn der Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft erfolgt; dies ist gegeben, wenn die Lohnsumme in den nächsten 5 Jahren nahezu unverändert bleibt oder der Körperschaft mindestens 25% neues Aktivvermögen zugeführt wird. Sollte die Sanierungsklausel hier nicht greifen, könnte alternativ noch der sog. fortführungsgebundene Verlustvortrag zu Anwendung kommen; auch hier wird auf das Fortbestehen des Geschäftsbetriebs abgestellt.

Auf der Gläubigerseite stellt sich die Frage der Bewertung von Anteilen in der Handels- und Steuerbilanz. In der Handelsbilanz kann bei temporärer Wertminderung (im Anlagevermögen) eine Abschreibung des Buchwerts erfolgen, sie muss es bei dauerhafter Wertminderung. In der Steuerbilanz besteht ein Wahlrecht zur Abschreibung nur bei dauerhafter Wertminderung. Die Wertminderung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bei Kapitalgesellschaften als Gesellschafter ist jedoch leider nicht steuerwirksam.

3. Debt-to-Equity Swap

Häufig wird in der Krise seitens der Gesellschafter oder externer  - häufig sog. alternativer-   Finanzierer Fremdkapital in Anteile bzw. Eigenkapital der Gesellschaft umgewandelt, um die Kapitalbasis zu stärken bzw. häufig um die bilanzielle Überschuldung des Objekt-SPVs zu beseitigen.

Während bei externen Finanzierern der Debt-to-Equity Swap steuerlich unproblematisch ist, kann die Maßnahme durch Gesellschafter eine Gewinnerhöhung auf Ebene des Objekt-SPVs und auf Gesellschafterebene eine verdeckte Gewinnausschüttung auslösen. Bei Objekt-SPVs in Form von Kapitalgesellschaften ist der Swap durch Gesellschafter in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung (in der Krise in der Regel „null“) steuerlich unbeachtlich, in Höhe des nicht mehr werthaltigen Teils entsteht auf Ebene des Objekt-SPVs ein grundsätzlich steuerpflichtiger Gewinn. Für diesen gelten die vorgenannten Aussagen zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen. Auf Ebene des Gesellschafters wird eine Auskehrung in Form einer verdeckten Gewinnausschüttung an den Gesellschafter fingiert. Im Anschluss wird eine Einlage des Gesellschafters in die Kapitalgesellschaft unterstellt.

4. Erwerb von Assets

(Erstrangige) Gläubiger erwägen häufig, das grundbuchlich besicherte Asset/Immobilie des Objekt-SPVs zu erwerben. Aufgrund der meist undurchsichtigen Historie des Objekt-SPVs erfolgt dies typischerweise nicht im Wege des Share, sondern des Asset Deals. Eine Entschuldung des Objekt-SPVs in der Krise setzt idR einen Kaufpreis oberhalb des Buchwerts des Assets voraus, da nicht nur die bisherigen Anschaffungs- und Herstellungskosten, sondern auch der laufende Betrieb des Objekt-SPVs fremdfinanziert wurden. Der Kaufpreis wird dann zur Ablösung der eigenen Forderung sowie evtl. weiterer Forderungen anderer Gläubiger benutzt. In Höhe des den Buchwert übersteigenden Teils des Kaufpreises entsteht wiederum ein steuerpflichtiger Gewinn. Auch dieser kann unter vorgenanntes Sanierungsprivileg fallen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von HEUSSEN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, Februar 2024

Konversation wird geladen