26.06.2023

Immobilien und Erneuerbare Energien

Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Synergien aus Sicht von Investoren und Managern

Carsten Demmler, Geschäftsführer, HIH Invest Real Estate
Alexander Eggert, Geschäftsführer, HIH Invest Real Estate
Carsten Demmler

Derzeit ergänzen einige Immobilien-Investmentmanager ihr Fondsangebot durch Produkte im Bereich der Erneuerbaren Energien wie Windkraft- und Photovoltaikanlagen. Sowohl für die Fondsanbieter als auch für die Anleger/Investoren ergeben sich Synergieeffekte.

Was Immobilien und Anlagen zur Erzeugung Erneuerbarer Energien zu natürlichen Partnern macht: Beide Assetklassen fallen als Sachwerte in die Kategorie Alternative Investments. Sie dienen nicht nur dazu, das Anlageportfolio um Alternativen zu Aktien oder Anleihen zu erweitern, sondern eignen sich außerdem gut zur Portfolio-Diversifikation. Denn die Anlagerisiken haben eine geringe Korrelation und damit einen Diversifikationseffekt. Beispielsweise stehen Miet- bzw. Pachtausfallrisiken von Einzelhandelsimmobilien und Windrädern in keinem direkten Zusammenhang zueinander.

Investment Management macht den größten Unterschied

Neben einigen Gemeinsamkeiten der beiden Assetklassen stellt das Investment Management mit Abstand den größten Unterschied dar: Die erforderlichen Kompetenzen für das Management und die Beurteilung von Investments in Erneuerbare Energien und Immobilien sind grundverschieden. Selbstverständlich ergeben sich Synergien bei abstrakten Managementkompetenzen. Das notwendige Markt- und Spezial-Knowhow für das Management der beiden Assetklassen überschneidet sich jedoch kaum. So steht beispielsweise die Kenntnis und Bearbeitung von Mietmärkten der Vermarktung von Strom (und der Einschätzung von Strompreisen) gegenüber. Entsprechend ist es unabdingbar, die spezielle Kompetenz für Erneuerbare Energien als Investmentmanager anbieten zu können, um erfolgreiche Investitionen in diese Assetklasse zu tätigen.  

Erneuerbare Energien als Ausweg bei übererfüllten Immobilienquoten

In der Niedrigzinsphase haben zahlreiche institutionelle Investoren ihre Immobilienquoten ausgeschöpft oder ausgeweitet. Als in der Folge von Zinswende und konjunktureller Eintrübung Assetklassen wie Aktien und Anleihen abwerteten, trieb dies indirekt die Immobilienquoten nach oben. Viele professionelle Anleger suchten Investmentmöglichkeiten außerhalb des Immobilienbereichs und wurden bei Erneuerbaren Energien fündig. Dennoch wollen sie mit ihren bewährten Investmentmanagern zusammenarbeiten. Diese wiederum können eine nahezu identische Investorenbasis nutzen. Vor allem bei Versorgungswerken, Pensionskassen und Kreditinstituten in der Eigenanlage ist das Interesse groß. Erhebliche Schnittmengen gibt es auch bei der Fondssteuerung und dem Vertrieb. Die Voraussetzungen dafür sind bei Erneuerbare-Energien-Fonds dieselben wie bei Immobilieninvestments.

Der Zeitpunkt, in Regenerative Energien zu investieren, ist günstig. Denn die weltpolitischen Ereignisse beschleunigen die Energiewende, zu deren zentralen Bestandteilen Wind- und Solarkraft gehören. Momentan wird Deutschlands Strombedarf mit einem Mix aus erneuerbaren und fossilen Energien gedeckt. Aktuell entfällt weniger als die Hälfte des Stroms auf Erneuerbare Energien, aber bis 2035 soll die Stromerzeugung komplett umgestellt sein. Hinzu kommt, dass der allgemeine Energiebedarf voraussichtlich steigen wird, etwa wegen mehr E-Mobilität, Wärmewende, Digitalisierung und Dekarbonisierung der Industrie. Prognosen gehen von einem Mehrbedarf von rund 20 Prozent aus.

Zum ohnehin dringlichen Thema, die CO2-Emmissionen senken zu müssen, kommt akut ein weiteres hinzu: Deutschland muss schnell unabhängiger von fossilen Energieträgern werden. Wind und Sonne werden Öl, Kohle und Gas kompensieren müssen. Dies erkennen zunehmend auch die Investoren und prüfen, ob sie bei Erneuerbaren Energien ausreichend allokiert sind.

Stabiler und langfristiger Cashflow in beiden Assetklassen

Sowohl Immobilien- als auch Erneuerbare-Energien-Fonds bieten Langfristinvestments mit stabilen Cashflows. Bei Immobilien sorgen die Mieteinnahmen für planbare Erträge. Gerade bei Büro-, Wohn- und Logistikimmobilien in guten Lagen reichen die Leerstandsraten noch immer kaum über die wirtschaftlich sinnvolle Fluktuationsreserve hinaus. Daher steigen die Wohnungsmieten und auch die Spitzenmieten bei Büro und Logistik weiter. Bei gewerblichen Bestandsmietverträgen kommen Indexierungen hinzu, die dazu beitragen, dass die Mieten einen positiven Beitrag zur Cash-Flow-Entwicklung der Portfolien leisten. Und auch im Wohnungsbereich wird nun zunehmend das Instrument der Indexierung genutzt, das bislang kaum verbreitet war.

Bei den Erneuerbare-Energien-Anlagen sind Sonneneinstrahlung und Windaufkommen über die Jahre gut prognostizierbar und damit auch die Einnahmen. In der jüngeren Vergangenheit haben Investoren von stark gestiegenen Strompreisen profitiert. Auch wenn die Politik in letzter Zeit etwa durch die Strompreisbremse in den Markt eingegriffen hat, ist auf lange Sicht davon auszugehen, dass die Preissteigerung bei Strom anhalten wird. Gleichzeitig bleiben die Kosten für die Stromerzeugung beherrschbar. Das liegt vor allem daran, dass Solar- und Windkraftanlagen end- und kostenlos verfügbare Ressourcen nutzen. Außerdem kommen bei großvolumigen Photovoltaik- und Windprojekten Skalierungseffekte zum Tragen, die die Bau- und Betriebskosten der Anlagen senken.

Projektentwicklungen mit Chancen und Risiken

Was Immobilien- und Energieanlagen-Fonds zudem gemeinsam haben: Beide können durch einen frühzeitigen Einstieg im Stadium der Projektentwicklung höhere Renditen erzielen als mit reiner Bestandsbewirtschaftung. Dies geht natürlich hier wie dort mit höheren Risiken einher. Allerdings unterscheidet sich, was die beiden Assetklassen jeweils unter Projektentwicklung verstehen: Bei Immobilien reicht die Projektentwicklung von der Konzipierung und konkreten Planung bis hin zur Umsetzung. Bei Solar- und Windkraftanlagen jedoch spricht man von Projektentwicklungen nur, solange noch nicht alle zum Bau und Betrieb benötigten Genehmigungen vorliegen. Baureife Vorhaben, die über alle Genehmigungen verfügen, gelten nicht mehr als Projektentwicklungen.

In der gegenwärtigen Marktphase kommen Renewable Assets wegen der sehr hohen Nachfrage zu einem immer früheren Entwicklungsstadium oder in anspruchsvolleren Strukturen an den Markt, was die Risiken steigen lässt und die Bewertung erschwert. Auch bei Immobilienprojekten gestaltet sich die Preisfindung derzeit anspruchsvoll, was jedoch an sinkender Nachfrage liegt. Hinzu kommt, dass im aktuellen Marktumfeld mit stark gestiegenen Baukosten und Zinsbelastungen zahlreiche Immobilienprojekte zurückgestellt werden. Viele Investoren verhalten sich abwartend, solange die Bodenbildung der Preise aus ihrer Sicht nicht erreicht ist. Allerdings eröffnen sich bei sinkenden Preisen bereits jetzt attraktive Kaufgelegenheiten, vor allem für eigenkapitalstarke Investoren.

Was den Status der Grundstücke angeht, gibt es Unterschiede zwischen den Assetklassen. Bei Windkraft- und Solaranlagen werden die Flächen nicht, wie es bei Immobilien die Regel ist, gekauft, sondern zeitlich befristet gepachtet, und die Anlagen werden nicht vermietet, sondern gewerblich betrieben. Für Verpächter von Grundstücken für Windräder und Solarpanele, häufig Landwirte, ist das Geschäft in der Regel sehr lukrativ. Zudem ist auch eine Zweitnutzung des Grundstücks möglich, etwa als Weidefläche zwischen Windrädern.

Den Ausstieg mitdenken

Beim Desinvestment gibt es grundlegende Unterschiede zwischen den Assetklassen. Immobilien weisen prinzipiell keine begrenzte Nutzungsdauer auf, auch wenn ihr wirtschaftlicher Betrieb nur für wenige Jahrzehnte veranschlagt ist. Da Immobilienfonds einen Teil ihrer Erträge aus Wertsteigerungen ziehen, ist häufig eine Haltedauer der Assets von ca. zehn Jahren geplant. Danach werden die Immobilien nach Möglichkeit gewinnbringend veräußert.

Im Gegensatz dazu haben Photovoltaik- und Windkraftanlagen grundsätzlich eine endliche Betriebsdauer. Die Technik ist bei Solaranlagen und Windrädern auf eine Nutzungsdauer von 35 bis 40 Jahren kalkuliert. Denn die technische Entwicklung der Anlagen ging in den letzten Jahren rasant voran, und die Effizienz ist enorm gewachsen. Am Ende der Fondslaufzeit, die sich oft mit der veranschlagten Lebensdauer der Anlagen deckt, werden die Windräder und Solarpaneele oft demontiert. Dabei ist üblicherweise einkalkuliert, dass der erlösbare Restwert des Materials die Rückbaukosten deckt. Zum Teil werden Rückbau- oder Recyclingkosten bereits bei Einkauf der Technik über den Kaufpreis mitfinanziert. Sind die Anlagen nach Ende der Fondslaufzeit noch in einem so guten Zustand, dass sie zuverlässig und rentabel weiterbetrieben werden können, ist auch ein Weiterverkauf möglich. Ein Verkaufserlös kommt dann dem Fonds zugute.

Grundlegende Unterschiede in der Finanzierung

Auch die Finanzierung unterscheidet sich: Kredite für Windkraftanlagen sind in der Regel nicht endfällig, wie häufig bei Immobilien, sondern werden von Anfang an und bis zum Ende vollständig getilgt. Weil der Kapitaldienst sinkt, wächst bei einem Fonds mit den Jahren die Ausschüttungsrendite. Banken finanzieren grundsätzlich keine Renewable Assets in ihrer Projektentwicklungsphase, weil hier noch ein Genehmigungsrisiko besteht. Fremdfinanzierungsfähig werden die Assets erst mit Baureife – ein grundlegender Unterschied zur Immobilienprojektfinanzierung. Wie bei Immobilien können auch bei der Finanzierung von Windkraft- und Solaranlagen KfW-Fördermittel eingesetzt werden. Derartige Kredite sind bislang weniger von den gegenwärtigen Zinssteigerungen betroffen.

Weitere Unterschiede gibt es bei der Besicherung der Kredite: Anders als bei Immobilien sind bei Renewable Assets dafür nicht die Sachwerte ausschlaggebend. Stattdessen wird die Finanzierung einer Photovoltaik- oder Windkraftanlage mit deren künftigen Cashflow besichert sowie mit Ansprüchen aus sämtlichen Verträgen und Genehmigungen.

Erneuerbare-Energien-Fonds bei Nachhaltigkeit kaum zu übertreffen

Ökologische und soziale Nachhaltigkeitsaspekte werden für professionelle Anleger immer wichtiger. Bei den Vehikeln hat sich die Klassifikation als Artikel-8-Fonds gemäß Offenlegungsverordnung seit geraumer Zeit als Standard durchgesetzt. Artikel-9-Fonds, die ein explizites nachhaltiges Anlageziel verfolgen, gelten als Idealbild, konnten sich aus ökonomischen Gründen aber noch nicht in der Breite durchsetzen. Zwar lassen sich prinzipiell auch mit Immobilien Artikel-9-Fonds gestalten. Allerdings ist die Erfüllung der strengen Vorgaben mit sehr hohem baulichen Aufwand verbunden, was die Gesamtrendite der Fonds in der Regel schmälert. Dagegen verfolgen Erneuerbare-Energien-Fonds per se explizit ein nachhaltiges Investitionsziel. Mit ihnen lassen sich für institutionelle Investoren ökonomische und ökologische Ziele optimal verbinden.

Investmentmanager erweitern mit Erneuerbare-Energien-Fonds nicht nur ihr Angebot für nachhaltige Anlagen, sondern auch ihre ESG-Expertise. Um Windkraft- und Solarfonds adäquat auflegen, bestücken, verwalten und vertreiben zu können, müssen die Fondsanbieter Spezialisten engagieren. Diese können ihr Wissen dann auch im Immobilienbereich einbringen, etwa wenn es darum geht, Dächer der Fondsimmobilien mit Solarpanelen zu bestücken.

Höhere Renditen bei Erneuerbare Energien, mehr Angebot bei Immobilien

Insgesamt übertreffen die Renditen von Erneuerbare-Energien-Fonds die von Immobilienanlagen – und das bei ähnlichem Risikoprofil. Daher verwundert es nicht, dass die Zeichnungsbereitschaft institutioneller Anleger momentan bei erneuerbaren Energien höher ist als bei Immobilien. Das bedeutet jedoch nicht, dass eine flächendeckende Kapitalverlagerung weg von Real Estate und hin zu Renewable Assets stattfindet. Denn das Angebot an Erneuerbare-Energien-Anlagen und Projektentwicklungen, die als Investmentobjekte zur Verfügung stehen, ist sehr begrenzt und stark umkämpft. Gründe sind lange Genehmigungsprozesse, Proteste von Anwohnern und Naturschützern oder Grundstücksmangel. Diese Hemmnisse sind noch stärker ausgeprägt als auf dem Immobilienmarkt. Hier hat hingegen der Bieterwettbewerb deutlich abgenommen. Vor allem eigenkapitalstarke, etablierte Investoren können sich nun noch besser in den Vermarktungsprozessen positionieren. In der aktuellen Marktlage sind Investmentmanager, die beide Assetklassen abdecken, im Vorteil.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von HIH Invest Real Estate
Erstveröffentlichung: BAI Newsletter II/2023

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