20.07.2022

Der Medical-Wellness-Trend

Karl-Heinz Goedeckemeyer, Independent Analyst (CREA),
Karl-Heinz Goedeckemeyer

Der Medical-Wellness-Trend könnte den Spa-Hotels großes Wachstum bescheren

Das zunehmende Gesundheitsbewusstsein in der Gesellschaft und die steigende Bedeutung von Prävention und Gesundheitsvorsorgemaßnahmen haben dazu geführt, dass ein neuer Markt und gleichzeitig eine neue Form des Gesundheitstourismus entstanden ist: Medical Wellness. Dieser Begriff vereint die klassische Form des Tourismus mit dem Kernthema Gesundheit. Da „Medical Wellness“ auch für die Hotellerie ein potentielles Geschäftsfeld sein kann, sollten Hotels diesen wachsenden Markt mit neuen Produkten und Dienstleistungen für sich erschließen. Durch medizinisch motivierte Reisen kann nicht nur die Zimmerbelegung erhöht, sondern auch die Umsätze deutlich gesteigert werden.

Marktpotenzial des globalen Gesundheits- und Wellnessmarktes

Laut meinen Recherchen hat der globale Gesundheits- und Wellnessmarkt im Jahr 2021 einen Wert von ca. 3.3 Bio. USD erreicht. Im vergangenen Jahr soll der globale Gesundheits- und Wellnessmarkt 4,4 Bio. USD erreicht haben und soll sich bis 2030 auf über 7,7 Bio. USD erhöhen, was einem CAGR von 5,5 % von 2021 bis 2030 entsprechen würde.

Wachstumsfaktoren

Der globale Gesundheits- und Wellnessmarkt wird in erster Linie durch die steigenden Verbraucherausgaben für eine Vielzahl von Gesundheits- und Wellnessprodukten und -dienstleistungen auf der ganzen Welt angetrieben. Die wachsende Belastung durch physische und psychische Krankheiten wie Krebs, Depressionen, Diabetes und Covid-19 spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Milliarden-Dollar schweren Gesundheits- und Wellnessbranche.  Zu den wichtigen Treibern dieser Branche gehören auch das steigende verfügbare Einkommen, das zunehmende Bewusstsein für Gesundheits- und Wellnessprodukte und -dienstleistungen sowie die steigenden staatlichen Ausgaben für die Entwicklung einer hochentwickelten Gesundheitsinfrastruktur. Das Wachstum dieses Segments könnte auch durch Regierungsinitiativen zur Förderung des Tourismussektors (Bsp. Griechenland) ankurbelt werden.

Verfügen die Hotels über die richtigen Gesundheits- und Präventionskonzepte?

Die Hoteliers sind sich bewusst, dass wir heute in einer "Erlebniswirtschaft" leben, in der die Verbraucher ihre Identität und ihre Reisen über die Orte, die sie besuchen, die Aktivitäten, die sie ausprobieren, und die Veranstaltungen, an denen sie teilnehmen, definieren. Die Frage ist also: Zu welchem Zweck kommen die Gäste ausdrücklich in Ihr Hotel? Konzentrieren wir uns also auf das Thema Wellness und wenn ja, durch welches Produktangebot zeichnen sie sich aus und durch welche Dienstleistungen können sie die körperliche, geistige oder seelische Gesundheit ihrer Gäste verbessern?

Derzeit gibt es im DACH-Raum bereits viele Wellness-Hotels/Resorts, die mit sich mit einzigartigen Ansätzen auf dem Markt etabliert haben. Mit der Entwicklung neuer und innovativer Gesundheitstechnologien ist es für Hotels und Resorts wieder an der Zeit, ihre Wellness-Programme neu zu erfinden, um der Zeit voraus zu sein und die Gäste bei der Stange zu halten. Die medizinischen Fortschritte in den vergangenen Jahren ermöglichen den Hotels ihr Produktangebot entsprechend auszuweiten, sofern sie in der Lage waren, die beträchtlichen Investitionen zu schultern. Zu den neuen Trends in der Wellnessbranche zählen unter anderem maßgeschneiderte Ernährungspläne (Detox), Überwachung der Herzfrequenz und Aktivitätsniveaus, technisch unterstützte Physiotherapie, chirurgische  Erholungszentren, Zimmerausstattungen, die die Schlafqualität verbessern oder Meditationskurse oder Wanderungen in der Natur. Um die Nebenwirkungen einer Corona-Infektion für Patienten zu mindern, haben viele Anbieter neue Erholungskonzepte in medizinischen Thermalbädern und Luftkurorten entwickelt.

Vorreiter-Hotels 

Zu den Vorreitern in der Medical Wellness-Branche zählen sicherlich die Lanserhof Resorts in Deutschland und Österreich. Das Lanserhof Konzept ist eine Symbiose aus traditioneller Naturheilkunde und neuesten medizinischen Erkenntnissen. Die Standorte befinden sich in Lans (Tirol), Tegernsee und neuerdings auch auf Sylt. Über langjährige Erfahrungen in diesem Segment verfügen unter anderem auch das Mental Spa Resort Fritsch am Bodensee, das Feelmoor Hotel & Resort in Bad Wurzach, das Chenot Palace in Weggis am Vierwaldstätter See, das Grand Resort Bad Ragaz, das Falkensteiner Spa Resort Marienbad sowie das Vivamayr Altaussee bzw. Vivamayr Maria Wörth und die Villa Eden in Südtirol.

Fazit: Nicht alle Wellness-Hotels werden den Ausleseprozess überleben

Der Wellness- und Gesundheits-Tourismus ist ein großer Wachstumsmarkt. Die erfolgreichen Medical-Spa-Konzepte, die schon seit Jahren den medizinischen Weg verfolgen, sind allerdings nicht mit klassischen Wellnesshotels zu vergleichen, die zum typischen Wohlfühlangebot zusätzlich gesundheitswirksame Leistungen anbieten. Dennoch versuchen viele Hotels sich als Medical Wellness-Zentren zu positionieren, können aber die hochgesteckten Wünsche der zumeist zahlungskräftigen Klientel nicht oder nur zum Teil erfüllen. Zwar können zusätzliche Funktion dazu beitragen den Besuch der Wellness-Touristen abzurunden - sei es durch die Lage, die Gastronomie, den Golfplatz usw. - aber oft führt eine halbherzige Aktivierung von Wellness dazu, dass Ressourcen und Energie von lukrativeren Umsatzmöglichkeiten abgezogen werden. Darüber hinaus ist nicht jedes Hotel in der Lage die enormen Investitionen und die laufenden Betriebskosten für Gehälter des medizinischen Personals sowie Management und Verwaltung zu stemmen. Zudem wird sich der Wettbewerb in diesem Segment in den kommenden Jahren – auch weil die großen Hotelketten in dieses lukrative Segment vorstoßen – spürbar erhöhen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Karl-Heinz Goedeckemeyer
Erstveröffentlichung: The Property Post, Juli 2022

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