20.08.2015

Kooperative Stadtentwicklung

Zwischen öffentlicher Hand und Privaten

Franz Meiers, Geschäftsführer, NRW.URBAN
Franz Meiers

Die fachpolitischen Diskussionen zur Finanzierung von Stadtentwicklung waren in den letzten Jahren geprägt von der Diskussion um die Städtebauförderung. Dabei sind die Fragen einer Stärkung der Kooperation zwischen öffentlicher Hand und privaten Investoren etwas in den Hintergrund getreten. Unter welchen Voraussetzungen öffentlich-private Kooperationen in der Stadtentwicklung für beide Seiten erfolgreich umgesetzt werden können, ist eine der zentralen Fragestellungen des ZIA-Ausschusses Stadtentwicklung.

Herausforderung: hoch differenzierte Wachstums- und Schrumpfungsmärkte

Die großen Herausforderungen des demografischen Wandels, des ökonomischen Strukturwandels, der Bewältigung des Klimawandels sowie der Umsetzung der Energiewende sind auch für die künftige Stadtentwicklung prägend und schlagen sich in Deutschland in besonderer Weise in hoch differenzierte Wachstums- und Schrumpfungsmärkte nieder. So besteht die eigentliche Herausforderung in dem Nebeneinander und der Gleichzeitigkeit dieser Wachstums- und Schrumpfungsprozesse. Allein der demografische Wandel wird in den kommenden Jahrzehnten zu einem Rückgang der Bevölkerung auf voraussichtlich 70 Millionen im Jahr 2060 führen, bei einer enormen Veränderung der Altersstruktur mit voraussichtlich 10 Millionen Hochbetagten 80-Jährigen ab 2050. Aktuell überlagert die Diskussion über Wohnungsknappheiten in den dynamischen Metropolen wie etwa München, Hamburg, Köln und Frankfurt/M. den Blick auf die gleichzeitig sich mehrenden Leerstände von Wohnungen und Ladenlokalen in den schrumpfenden Regionen. Die Betrachtung dieser dispersen Entwicklung ist sowohl für angemessene Stadtentwicklungsstrategien von großer Relevanz, wie auch für die Möglichkeiten der kooperativen Finanzierung zwischen öffentlicher Hand und Privaten.

Aufgabenstellung künftiger Stadtentwicklung

Aus der Perspektive der Stadtentwicklung bleibt die Weiterentwicklung der Innenstädte und Stadtquartiere eine zentrale Aufgabe. Aus ökonomischer und ökologischer Sicht besteht die Notwendigkeit einer konsequenten Innenentwicklung und Brachflächenmobilisierung wie auch einer an die alternde und schrumpfende Bevölkerung angepassten Entwicklung der Städte. Hinzu kommt die adäquate Einbeziehung eines zunehmenden Migrantenanteils in Konzepte und Maßnahmen. Klimawandel und Energiewende in Deutschland sind eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die weit über die Gebäudesanierung hinausgeht. Die energetische Stadtsanierung – seit einem Jahr durch ein KfW-Programm unterstützt – gilt es umzusetzen, wie auch die Anpassung unserer Städte an die Auswirkungen des Klimawandels voranzubringen. Hier stehen die meisten Städte noch ganz am Anfang. Sie müssen sich auf veränderte klimatische Bedingungen durch die Zunahme von Extremwetterereignissen einstellen. Diese differenzierten Entwicklungen bedeuten, dass es angepasster integrierter Strategien für die Stadtentwicklung bedarf. Dies gilt auch für die Finanzierung.

Kooperativer Städtebau zwischen öffentlicher Förderung und privatem Engagement

Die Herausforderungen der Stadtentwicklung und die Haushaltslage der öffentlichen Haushalte machen kooperative Städtebaustrategien in den Wachstumsmärkten zunehmend attraktiv. Auf Projektebene gibt es bereits erprobte Modelle, die vom wettbewerblichen Dialog über die Business und Housing Improvement Districts (BIDs, HIDs) bis zu Eigentümerstandortgemeinden (ESG) reichen. Beim kooperativen Städtebau mit Hilfe des wettbewerblichen Dialogs werden komplexe Aufgaben der Innenstadtentwicklung auf Initiative der öffentlichen Hand zusammen mit Projektentwicklern und den örtlichen Stakeholdern bewältigt. Die Aktivitäten im Rahmen der BIDs und HIDs oder ESG gehen häufig auf Initiative der Privaten zurück, die die gemeinsam entwickelten Maßnahmen auch finanzieren. In allen Bundesländern, die bereits BID-Gesetze verabschiedet haben, finden sich bereits Beispiele. Diese reichen von kleinen Beleuchtungsmaßnahmen zu großen Projekten wie etwa am Hamburger Neuen Wall. Grundsätzlicher, da weit über die Projektebene hinausgehend, sind die Ansätze revolvierender Finanzierungssysteme, die als Stadtentwicklungsfonds in einigen Bundeländern bereits existieren oder im Rahmen der EFRE-Förderung 2014-2020 neu aufgelegt werden sollen. Diese Fonds sollen Kapital für die langfristige Finanzierung von Stadtentwicklungsaufgaben bereitstellen und der öffentlichen Hand wie Privaten zur Verfügung stehen. Ziel ist auch auf der Finanzierungsebene eine Beteiligung öffentlicher und privater Kapitalgeber zu erreichen.

Erfolgsfaktor Nummer eins bleibt die gelungene Kommunikation

Kooperation muss transparent sein. Nur eine hohe Transparenz und maximale Verbindlichkeit bei der Planung und Umsetzung von Projekten der Stadtentwicklung kann am Ende ein gelungenes Projekt sowohl für die Kommune als auch für den privaten Investor gewährleisten. Transparenz bedeutet an dieser Stelle, dass alle Prozesse frühzeitig kommuniziert werden, dass bei allen Partnern Klarheit auch über die Kosten besteht und die Bürger eingebunden werden. Diese Transparenz ist nur durch kontinuierliche und professionelle interne und externe Kommunikation zu schaffen.

Fazit

Während die projektbezogenen Ansätze unter Beteiligung der Privaten eher in den Wachstumsmärkten realisierbar sind, eigenen sich revolvierende Fonds neben den klassischen Förderinstrumentarien auch für stagnierende und fallweise auch für schrumpfende Regionen. Im Grundsatz geht es um eine stärkere Verzahnung der unterschiedlichen Finanzierungselemente. Förderung hat sich bisher mehr um die problematischen Quartiere gekümmert, Planung mehr um die wachsenden. Ein Ziel für die Zukunft könnte sein, dass sich beide stärker mit den Quartieren auf der Kippe beschäftigen, um sie zu stabilisieren. Das gilt auch für die wachsenden Quartiere, um dort beispielsweise noch bezahlbaren Wohnraum zu erhalten. Bei der Finanzierung von Stadtentwicklung sollten in Zukunft, wo immer möglich, private Akteure in Finanzierungskonzepte integriert werden, um die knapper werdenden öffentlichen Mittel in schrumpfenden Regionen einsetzen zu können. Diese Regionen sind häufig für privates Kapital, ohne den Einsatz der Städtebauförderung als Investitionsanreiz, nicht attraktiv genug.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2012/2013