12.11.2015

Nachhaltigkeitsbenchmarking

Vom Portfoliomanagement zum Nachhaltigkeitsmanagement

Dr. Peter Mösle, Geschäftsführer und Partner, Drees & Sommer SE
Dr. Peter Mösle

Nachhaltiges Bauen und Betreiben hat in den vergangenen 10 Jahren neue Perspektiven erhalten. Grund hierfür sind zum einen sich verändernde Rahmenbedingungen aus der Umwelt, der Politik, dem Markt und der Gesellschaft – beispielhaft hierfür sind der Klimawandel, die Energiewende und die demografische Entwicklung. Zum anderen wurden Bewertungs- und Messverfahren neu geschaffen, um die nachhaltige Marktfähigkeit von Gebäuden belastbarer und eindeutiger zu beschreiben. Das bisherige Portfoliomanagement von Immobilien entwickelt sich somit zum Nachhaltigkeitsmanagement, in dem zusätzliche ökologische, ökonomische und soziale Indikatoren integriert und für die Strategieentwicklung verwendet werden.

Ebenen des Nachhaltigkeitsmanagements

für Bestandsimmobilien Es gibt drei Ebenen des Nachhaltigkeitsmanagements von Bestandsimmobilien: Portfolio-, Gebäude- sowie Element- und Anlagenebene (siehe auch „ZIA-Leitfaden zur Einführung von Nachhaltigkeitsmessungen im Immobilienportfolio“). Jede Ebene besitzt hierbei eigene Zielsetzungen und Anforderungen an zu integrierende Prozesse, Werkzeuge und Benchmarks.

In der Regel wird die Nachhaltigkeitsmessung auf der Portfolioebene eingeführt. Dabei ist zu beachten, dass die eingeführten Prozesse so flexibel gestaltet sind, dass ein Informationsaustausch zwischen den Ebenen jederzeit erweiterbar ist.

Anwendung für Immobilienportfolios

Für die Anwendung von Immobilienportfolios empfiehlt es sich, die aus den verschiedenen Aktivitäten entstehende Schnittmenge an Indikatoren als wünschenswerte, grundlegende Key Performance Indicators (KPIs) anzuwenden. Damit ist sichergestellt, dass diese Indikatoren vom Markt akzeptiert sind und auch langfristig verwendet werden können. Für die Implementierung von KPIs muss sich die Branche ausreichend Zeit nehmen.

Des Weiteren ist bei der Einführung von Indikatoren auf der Portfolioebene zu beachten, dass die Datenerhebung und -bereitstellung hierfür auch im Rahmen von mehreren Hunderten von Gebäuden wirtschaftlich durchführbar und praktisch umsetzbar ist. Je nach Art der Bestandsgebäude können, unter Umständen erst im Rahmen einer mehrjährigen Umstellungsphase, Lösungen gefunden werden können.

Langfristig sollen sich alle grundlegenden KPIs direkt oder indirekt aus dem Gebäudebetrieb messen lassen und auf das Gesamtgebäude inklusive der Mietflächen beziehen. Hierfür ist zunächst ein umfangreicher Integrations- und Umstellungsprozess notwendig, da bei Teilen des Immobilienbestands zunächst die Mieter/Nutzer verstärkt für die Problematik des ökologisch-technologischen Benchmarkings sensibilisiert werden müssen. Zudem gibt es keine gesetzliche Verpflichtung für Mieter, ihre Verbrauchs- und Nutzerdaten offenzulegen. Auch in bestehenden Mietverträgen sind Mieter flächendeckend nicht verpflichtet, ihre Verbrauchsdaten dem Vermieter/Eigentümer zu überlassen.

Hier wird es eine große Herausforderung für die Branche sein, zukünftig technische, administrative und kostenverträgliche Lösungen zu entwickeln. Eine getrennte Bewertung von „Gebäudestrukturperformance“ und „Nutzungsperformance“ ist aufgrund der vielfältigen Überschneidungen von

  • Verträgen (z.B. Nebenkostenabrechnung),
  • Verantwortlichkeiten (z.B. Beleuchtungsart und -steuerung liegt bei der Gebäudeerstellung in der Verpflichtung des Bauherrn, in der Betriebsführung beim Eigentümer, Betreiber und Mieter) sowie
  • physikalischen Effekten (z.B. weniger Stromverbrauch des Mieters führt zu höherem Wärmeverbrauch und geringerem Kühlenergieverbrauch des Gebäudes) auf Basis der Messwerte nicht möglich. Die Nachhaltigkeitsmessung hat demnach zum Ziel, die technologisch-ökologische Gebäudeperformance zu bewerten und mit entsprechenden Prozessen (z.B. Green Lease, Monitoring) dauerhaft sicherzustellen.

Die drei Ebenen des Benchmarkings

Der Begriff Benchmarking bezeichnet die vergleichende Analyse von Ergebnissen oder Prozessen mit einem festgelegten Bezugswert oder Vergleichsprozess. Dabei ist entscheidend, welche Maßstäbe man für den Vergleich verwendet und wie sich dieser Maßstab zusammensetzt. Das Nachhaltigkeitsbenchmarking besitzt drei Ebenen: Portfolio-, Gebäude- sowie Element- und Anlagenebene. Die Portfolioebene dient als übergeordnete Ebene zur Identifikation von Objekten mit geringer Nachhaltigkeitsperformance. Auf der Gebäudeebene werden mit Hilfe von objektbezogenen Grobanalysen die Verbesserungspotenziale ermittelt. Hierbei sind die ökologischen Maßnahmen, verbunden mit Wirtschaftlichkeitsberechnungen, darzustellen.

Auf der Element- und Anlagenebene finden Feinanalysen von weiteren Optimierungspotenzialen sowie ein detailliertes Monitoring von technischen Kennwerten und Nutzungsgraden statt.

Alle drei Ebenen werden für ein erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement bedient werden müssen. Ihre Ausprägung wird jedoch bedarfsabhängig erfolgen. Der Einstieg erfolgt in der Regel über die Portfolioebene.

Normalisierung und Softwareunterstützung

Nach EN 15643/1 (Nachhaltigkeit von Bauwerken) ist eine Bewertung zwischen Gebäuden unter anderem nur dann sinnvoll, wenn es sich um denselben Nutzungstyp, dieselben klimatischen Bedingungen und denselben Markt handelt. Damit wäre ein Vergleich von bestehenden Immobilien strenggenommen nicht möglich. Um ein Benchmarking von Gebäuden dennoch einführen zu können, müssen die gemessenen Daten und Randbedingungen auf ein möglichst einheitliches Maß bereinigt werden.

Dabei sind folgende Parameter für die Einteilung in die entsprechende Gebäudekategorie und für die Messwertbereinigung zu beachten:

Einteilung der Kategorie

  • Nutzungstyp
  • Marktsegment/Standort
  • optional: Gebäudegröße

Bereinigung der Messwerte („Normalisierung“)

  • Klima
  • Leerstandsrate
  • Betriebs- und Nutzungszeit
  • Personen und Nutzungsausstattung
  • Sonderverbraucher

Die Datenbereinigung der gemessenen Ist-Verbrauchsdaten ist notwendig, um ein Benchmarking überhaupt durchführen zu können. Die Immobilienwirtschaft verfügt bisher über keine einheitlichen Bereinigungsfunktionen. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) erarbeitet im Rahmen Ihrer Aktivitäten im World Green Building Council (WGBC) hierzu zur Zeit ein Protokoll, für das eine allgemeine Gültigkeit angestrebt wird. Das Erscheinen des Protokolls bleibt jedoch abzuwarten. Solange es nicht verabschiedet ist und auch keine allgemeine Gültigkeit erfährt, können ergänzend die Bereinigungsfunktionen aus dem DGNB Zertifizierungssystem für den Bestand BBV13 verwendet werden. Als Instrument für die nachhaltige Portfoliosteuerung eignet sich das von Drees & Sommer mit PE-International entwickelte Softwaretool hervorragend. Wesentliches Ziel dabei ist es, die Daten so aufzubereiten, dass ein strategisches Nachhaltigkeitsmanagement einfach möglich ist.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2013/2014

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