05.08.2015

Im Kampf um die besten Köpfe

Der intensive Wettbewerb um Personal stellt auch die Immobilienwirtschaft vor besondere Herausforderungen.

Prof. Dr. Silke Weidner, Lehrstuhlinhaberin Stadtmanagement am Institut Städtebau und Landschaftsplanung, Technische Universität Cottbus
Martina Borgmann, Partnerin / Head of Competence Center Real Estate, Kienbaum Executive Consultants GmbH
Prof. Dr. Silke Weidner

Der intensive Wettbewerb um High-Potentials, erfahrene Führungskräfte und Spezialisten stellt auch die Immobilienwirtschaft vor besondere Herausforderungen. Der ZIA widmet sich der Thematik im Ausschuss Bildung und Forschung aus unterschiedlichen Perspektiven und nutzt hier die Chance, von anderen Branchen und deren Ansätzen zu lernen.

So flossen bspw. durch den Vortrag von Herrn Prof. Dr. Klaus Hurrelmann, Senior Professor of Public Health and Education an der Hertie School of Governance in Berlin, Erfahrungen und absehbare Tendenzen ein, die auf der sog. Shell-Studie von 2010 basieren. Ebenso waren die durch Herrn Oliver Büdel, der als Personalleiter der DekaBank für seine „lebenszyklusorientierte Personalarbeit“ den Deutschen Personalwirtschafts- Preis erhielt, vorgetragenen Erkenntnisse für die Ausrichtung der Ausschussarbeit von großem Wert.

In aller Kürze lassen sich die Situation des „Kampfes um die besten Köpfe“ und die ersten Gedanken zum Umgang damit wie folgt umreißen:

Fachkräftemangel und alternde Mitarbeiter sind vorprogrammiert

Der „Kampf um die besten Köpfe“ wird in naher Zukunft zu einer der größten Herausforderungen für die Wirtschaft. Wie drastisch sich die Situation für alle Branchen darstellen wird, verdeutlicht eine Umfrage des ifo-Instituts. Sieben von zehn Unternehmen rechnen damit, dass sie im Jahr 2020 – in mittlerem bis starkem Ausmaß vom Fachkräftemangel betroffen sein werden. Hinzu kommt: Der demografische Wandel bedeutet nicht nur, dass weniger junge Menschen als Berufsanfänger nachrücken. Er bedeutet auch, dass das Durchschnittsalter aller Mitarbeiter steigt.

Hierin liegen aber keineswegs nur Gefahren, sondern durchaus Chancen: Selbst eine Branche wie die Immobilienwirtschaft, die eher mittelständisch und inhabergeprägt ist, muss als Antwort auf die strukturellen Veränderungen des Arbeitsmarkts gleichermaßen zweckmäßige und kostengünstige Personalmanagement- Tools einsetzen. An erster Stelle stehen hier die professionelle Analyse von Fluktuation, Krankenständen und Arbeitszeitdauer, der Umgang mit Knowledge-Management, die Geschlechterverteilung, die Analyse der Personalbindung sowie die Einführung einer professionellen Personalentwicklung. Weitere Themen sind Gesundheit, flexible Arbeitszeiten, Lebensarbeitszeitmodelle, Know-How-Transfer von „Alt auf Jung“, zeitgemäße Weiterqualifikationen, Elternzeiten, Lebensarbeitszeiten, etc.

Die Unternehmen werden sich fragen, welche dieser Leistungen sie selbst erbringen können bzw. extern hinzukaufen müssen. In diesem Zusammenhang sei als Beispiel die kostenneutrale Einführung von Mentoring-Programmen erwähnt, mit denen die Kommunikation der Mitarbeiter untereinander, der Know-How-Transfer und die Förderung jüngerer Mitarbeiter erfahrungsgemäß vorangetrieben werden. Oder als weiteres Handlungsfeld: Wenn z.B. das Gesundheitsmanagement im Unternehmen ernst genommen wird, kann dies die Bindung von Mitarbeitern ans Unternehmen erhöhen. Das setzt aber voraus, dass der Faktor Mensch deutlicher in den Fokus rückt.

Chancen für die Immobilienwirtschaft – Was ist zu tun?

Um solche Chancen zu nutzen, sollten Unternehmen der Immobilienwirtschaft deutlich mehr auf die individuelle Arbeits- und Lebenssituation der (potenziellen und bestehenden) Mitarbeiter eingehen. Wie sich diese Situation darstellt, hängt von der jeweiligen Lebensphase ab, in der sich ein Mitarbeiter gerade befindet.

Grundsätzlich lässt sich im beruflichen Lebenszyklus zwischen sechs Phasen unterscheiden. Phase eins umfasst den Zeitraum vor dem beruflichen Eintritt. Er beginnt im Alter von etwa 15 Jahren und endet etwa mit 29 Jahren. Hier geht es um die Akquisition von gut qualifizierten Nachwuchskräften. Es folgt der Start ins Berufsleben und eine Phase der beruflichen Einführung, die ebenfalls meist bis etwa zum 29. Lebensjahr vollzogen ist. Hier stehen die Integration eines Berufsanfängers und dessen optimale Platzierung im Unternehmen im Vordergrund. Phase drei ist ein Zeitraum der Etablierung und Professionalisierung im Job – also eine Phase des beruflichen Wachstums. Sie umfasst in etwa die Spanne zwischen dem 30. und 39. Lebensjahr. In dieser Phase darf von einem „Professional“ erwartet werden, verankert in Aufgabengebieten und Zielvorgaben, dass er zum einen für die Einarbeitung jüngerer Kollegen zuständig ist, zum anderen aber das Wissen nutzt, über das ältere Kollegen verfügen – gesteuert vom Personalverantwortlichen des Unternehmens. Der vierte Abschnitt im beruflichen Lebenszyklus betrifft die folgenden zehn Jahre, in denen sich ein Reifeprozess vollzieht. Je nach Mitarbeiter kann hier das Wachstum fortgesetzt werden, die Entwicklung kann aber auch stagnieren. In den Jahren zwischen 50 und 59 schließt sich die fünfte Phase an. Hier sind oft Sättigungstendenzen und ein nachlassendes Engagement zu beobachten. An dieser Stelle sollte idealerweise der umgekehrte Wissenstransfer vom älteren auf den jüngeren Mitarbeiter eingeleitet werden. Die letzte Phase umfasst die Spanne ab 60 Jahren, in der sich der Austritt aus dem Berufsleben vollzieht. Hier sind die Unternehmen gefragt, diesen Übergangsprozess zu strukturieren und sinnvoll zu gestalten. Das Ziel sollte sein, Ältere sukzessive in den Ruhestand zu entlassen und gleichzeitig einen Know-how-Aderlass zu vermeiden.

Alle Phasen berücksichtigen

Für jede Phase des beruflichen Lebens müssen mit Blick auf den verschiedenen Handlungsfelder Maßnahmen ergriffen werden. Sie reichen von der Rekrutierung über die generellen Arbeitsbedingungen, den Wissenstransfer zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitern, die Qualifizierung und die Themen Work-Life-Balance, Gesundheitsförderung bis hin zum Übergang in den Ruhestand. Hier sind konkrete Maßnahmen gefordert – abhängig von individuellen Unternehmensparametern, die nur individuell gesteuert werden können, wenn ein Personal-Profi das Gespräch zu den Mitarbeitern sucht. Gerade in einer Branche wie der Immobilienwirtschaft, die in der öffentlichen Wahrnehmung nicht das Image und den Stellenwert einnimmt, der ihr gebührt, ist es besonders wichtig, aktiv auf potenzielle und bestehende Mitarbeiter zuzugehen und positive Aufmerksamkeit zu erregen. Im Ausschuss Bildung und Forschung wird daran gearbeitet, Strategien zur Imageverbesserung zu entwickeln, damit in der Ausbildung befindliche Talente, die Chance bekommen, die Attraktivität der Branche wahrzunehmen und letztendlich der „War for Talents“ vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung gewonnen werden kann.

Als erste Maßnahme als Reaktion auf diese Entwicklungen haben sich in Anlehnung an die oben genannten Phasen des beruflichen Lebenszyklus Untergruppen innerhalb der Ausschussmitglieder gebildet, die altersgruppenspezifisch daran arbeiten, wie Immobilienunternehmen es schaffen können, Mitarbeiter zu finden und zu binden. Ein erster Arbeitsauftrag beleuchtet die Möglichkeiten, wie junge Menschen in der Berufsfindungsphase zu erreichen sind (Phase eins) und auf welchem Weg sie erfolgreich angesprochen werden um sie letztendlich für ein Unternehmen zu gewinnen. Die Ideen zielen auf inhaltliche Angebote, Formate und Medien ab.

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, wird in diesem Zusammenhang immer mitbedacht, wie zur Gewinnung hochqualifizierter Mitarbeiter der Bekanntheitsgrad und das Image verbessert werden können.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2011/2012