13.08.2015

Stabile Märkte und Portfolios

Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung von indirekten Immobilienanlagen

Prof. Dr. Tobias Just, Geschäftsführer & Wissenschaftlicher Leiter, IREBS International Real Estate Business School
Prof. Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung, IREBS International Real Estate Business School
Prof. Dr. Tobias Just

Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung von Immobilien ist augenfällig, Immobilien prägen unseren Alltag in vielfältiger Weise: Wir wohnen dort, wir arbeiten dort, wir kaufen dort ein und viele unserer Freizeitaktivitäten finden in Immobilien statt. Kein Wunder, dass Immobilien die größte reale Vermögensklasse einer Volkswirtschaft darstellen. In Deutschland beläuft sich das Bruttoanlagevermögen 2012 zu Wiederbeschaffungspreisen auf 14,5 Billionen Euro, davon entfallen mit gut 12 Billionen Euro über 80 Prozent auf Grundstücke und die hierauf aufstehenden Gebäude. Auch gemessen an der Bruttowertschöpfung 2012 ist die Immobilienbranche mit einem Anteil von ca. 16 Prozent einer der wichtigsten Sektoren.

Kleine Fehler in der Steuerung und Regulierung einer so gewaltigen Branche können schnell zu gesamtwirtschaftlich bedeutsamen Verwerfungen führen wie die Entwicklungen in den USA, Spanien oder Irland gezeigt haben. Dies gilt insbesondere deswegen, weil kleine Nachfrageveränderungen auf den Immobilienmärkten zu großen Angebotsanpassungen auf den Baumärkten führen müssen, und dies kann zu erheblichen Schwankungen auf den Baumärkten sowie bei den Preisen für Immobilien führen. Deutschland konnte sich diesen Entwicklungen in den letzten zwei Jahrzehnten nahezu vollständig entziehen. Insbesondere die Wohnungsmärkte erwiesen sich als sehr stabil. Dies hatte natürlich nicht nur etwas mit den besonders funktionsfähigen Institutionen und regulatorischen Rahmen für die deutschen Immobilienmärkte zu tun, gleichwohl gilt, dass der Veränderungsnotstand in Deutschland offensichtlich kleiner ist als in vielen anderen europäischen Ländern (und den USA) und dass daher gerade hierzulande regulatorische Veränderungen behutsam vorgenommen werden sollten.

Diese Grundforderung, dass Regeländerungen für Immobilienmärkte behutsam vorgenommen werden müssen, um heftige Marktanpassungen zu verhindern, gilt nicht nur für Wohnungsmärkte, sondern auch für gewerbliche Immobilienmärkte und sie gilt natürlich auch für all jene Transaktionen, die von professionellen Investoren für Kapitalanleger vorgenommen werden, also für indirekte Immobilienanlageprodukte. Dass diese Instrumente im Blickfeld der Regulierer stehen, ist verständlich, denn sowohl einige Geschlossene Immobilienfonds als auch viele Offene Immobilienfonds haben in den letzten zwei Konjunkturzyklen ihre jeweiligen Schwächen und einen entsprechenden Nachbesserungsbedarf in deren Regulierung offenbart. Diese im Detail oft gerechtfertigte Kritik darf jedoch nicht die hohe gesamtwirtschaftliche Bedeutung dieser Vehikel schmälern.

Bei diesen Vorteilen geht es zum einen darum, dass indirekte Anlagevehikel dem Grunde nach volkswirtschaftlich sinnvoll sind und zum anderen darum, dass auch das Zusammenspiel unterschiedlicher indirekter Anlagevehikel Vorteile bringt. Die Suche nach einem einzigen „perfekten“ indirekten Anlagevehikel würde dann in die Irre führen, weil gerade der Vorteil der Heterogenität verschwände.

Gesamtwirtschaftlich übernehmen indirekte Immobilienanlagevehikel vor allem die Funktion als Kapitalsammelstelle. Große Investitionsvorhaben lassen sich mit Hilfe von Kapitalsammelstellen kosteneffizienter und schneller durchführen, da das Kapital von sehr vielen Anlegern zur Verfügung gestellt werden kann. In einigen Fällen stellen sie sogar die einzige Möglichkeit dar, ein Großvorhaben durch private Akteure bereitzustellen. Wenn solch ein Projekt als gesamtwirtschaftlich vorteilhaft eingestuft wird, entlastet dies auch die öffentliche Hand, die ansonsten als „letztmöglicher Investor“ bereitstehen müsste. Die Möglichkeit indirekter Investition ist also gerade für die per Definition kapitalintensiv arbeitende Immobilienwirtschaft zentral.

Gleichzeitig lassen sich mit Hilfe indirekter Immobilienanlagevehikel Größenvorteile realisieren. Professionelle Investoren können mehr Informationen aufnehmen und sachgerecht verarbeiten, ihre Fixkosten verteilen sich auf größere Anlagevolumen, und letztlich ermöglichen diese Spezialisierungsvorteile auch den besseren Zugang zu qualifizierten Mitarbeitern. Neben die Kapitalsammelfunktion tritt automatisch die Finanzierungsfunktion: Das Nettofondsvolumen von Geschlossenen Immobilienfonds belief sich Ende 2012 auf fast 37 Milliarden Euro, jenes der Offenen Publikumsfonds auf über 82 Milliarden Euro und das Volumen der Spezialfonds auf weitere 36 Milliarden Euro. Hinzu ließe sich die Marktkapitalisierung der im DIMAX gelisteten Immobilien-Aktiengesellschaften und REITs von gut 16 Milliarden Euro hinzu zählen. Der eingesetzte Finanzierungshebel ist hierbei noch nicht einmal berücksichtigt.

Für die Anleger entstehen gleichzeitig wichtige Vorteile: Indirekte Immobilienanlagen eröffnen zunächst die Möglichkeit, sich an Vorhaben zu beteiligen, von denen die allermeisten Anleger wegen der Größe des Anlagevolumens ansonsten ausgeschlossen wären. Anleger können so ihr Portfolio erweitern, und dies hilft die Anlagerisiken zu reduzieren. Sie können aber nicht nur über die Anlageklassen hinweg ihr Portfolio stabilisieren, sondern auch innerhalb der Immobilienanlageklasse selbst. Durch die Beteiligung an einem Offenen Immobilienfonds beispielsweise erwirbt ein Anleger Teile an sehr vielen Immobilien, die von unterschiedlichen geografischen Märkten oder verschiedenen Mietern abhängen. Dies senkt das unsystematische Anlagerisiko des Anlegers – und dieser Vorteil lässt sich aufgrund der geringen Mindestanlage quasi in jedem Portfolio erzielen. Der Totalausfall eines Gesamtportfolios wird für einen Anleger dadurch erheblich vermindert.

Zudem lassen sich durch indirekte Immobilienanlagen systemische Risiken reduzieren, wenn unterschiedliche Formen indirekter Immobilienanlagen am Markt agieren, da so mögliche unterschiedliche Zyklen ausgeglichen werden können. Die Analyse der Daten indiziert, dass das Nebeneinander von Geschlossenen und Offenen Fonds sowie von Immobilien-Aktiengesellschaften und REITs sowohl bei den Immobilientransaktionen als auch bei der Sammlung von Eigenkapital glättend wirkt. Das heißt, das Nebeneinander unterschiedlicher indirekter Anlagevehikel hat die Schwankung der Immobilienmärkte vermindert. Gerade die Pluralität des Immobilienanlageuniversums in Deutschland dürfte also dazu beigetragen haben, dass die deutschen Immobilienmärkte so deutlich geringen Schwankungen unterworfen waren als jene in den USA, Spanien oder Großbritannien.

Durch die bessere Diversifizierung von Immobilienportfolios sowie durch das Ausnutzen von Größenvorteilen kann die risikoadjustierte Rendite sowohl in einem reinen Immobilienportfolio als auch in einem gemischten Portfolio steigen. Allerdings gilt auch, dass die investierbaren Immobilienportfolios hinreichend groß sein müssen – wie etwa bei Offenen Immobilienfonds – oder, mit Einschränkungen, auch bei REITs und Immobilien-Aktiengesellschaften, damit ein Anleger von diesen Vorteilen profitieren kann. Alternativ muss bei kleinen, undiversifizierten Fonds der Anleger eine Risikostreuung durch Anlage in mehrere Fonds erreichen. Daher ist für Geschlossene Fonds eine maximale Beteiligungshöhe deutlich sinnvoller als eine hohe Mindestanlagesumme, die für die Diversifikation auf Ebene des Anteilseigners sogar hinderlich ist. Geschlossene Immobilienfonds als unternehmerische Beteiligung haben allerdings gegenüber Offenen Fonds den Vorteil, dass man eine klare Immobilienstrategie verfolgen kann. Dies mag gegenüber Offenen Fonds den Nachteil der geringeren Risikostreuung implizieren, gegenüber der direkten Anlage hat es jedoch den gewaltigen Vorteil eines verminderten Klumpenrisikos und entsprechend eine verbesserte Risikostreuung über das Gesamtportfolio.

Mit REITs oder Immobilien-Aktiengesellschaften können geografische und/oder nutzungsseitige Schwerpunkte gesetzt werden, da diese zumeist hinsichtlich des Investmentprofils spezialisiert sind, bspw. in eine bestimme Nutzungsart oder Region investieren.

Insgesamt eröffnen die verschiedenen Formen der indirekten Anlage einem Anleger die Möglichkeit, unterschiedliche Immobilienstrategien (passives Management, Ausnutzen von Immobilienzyklen etc.) zu verfolgen. Die Option, auch ggf. ein aktives Management ihrer Anlage zu betreiben, ist insbesondere für institutionelle Anleger interessant. Private Anleger können hingegen mit aktivem Management in der Regel keine Verbesserung ihrer Risiko-Rendite- Position erreichen.

Für die investmentrechtliche Regulierung von Offenen und Geschlossenen Immobilienfonds lassen sich weitere wichtige Eckpunkte aufstellen: Im Rahmen der Vertriebsregulierung muss ein hohes Maß an Qualität bei der Beratung im Vertrieb erreicht werden. Zudem müssen im Rahmen der Produktregulierung vergleichbare Bewertungsmaßstäbe und Transparenzmindeststandards erreicht werden. Verschuldungsgrenzen sowie Liquiditäts- und Diversifikationsanforderungen können hingegen für die einzelnen Vehikel unterschiedlich ausfallen, da sich diese an den spezifischen Risiken der jeweiligen Form der indirekten Immobilienanlage orientieren sollten.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2012/2013