20.05.2015

Verbandsarbeit in Brüssel

Immobilienwirtschaft braucht praktikable und sachgerechte Rahmenbedingungen

Ulrich Höller, Vizepräsident des ZIA und ehem. Vorsitzender des Vorstandes, DIC Asset AG
Ulrich Höller

Das Europawahljahr 2014 stellt die politischen Entscheidungsträger vor große Herausforderungen. Durch die Neubesetzung des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und des Präsidenten des Europäischen Rates werden entscheidende Weichenstellungen für die europapolitische Arbeit der nächsten Jahre gesetzt. Der ZIA hat seine europapolitischen Erwartungen in einem Positionspapier formuliert und appelliert an die Europäische Union, bei der Entscheidung über politische Prioritäten sowie beim Erlass neuer Maßnahmen auch die Anliegen der Immobilienwirtschaft angemessen zu berücksichtigen.

European Real Estate Forum

Immobilienwirtschaftliche Verbandsarbeit in Brüssel ist auch im abgelaufenen Jahr eine komplexe Angelegenheit geblieben. Auch wenn Meinungen aus Deutschland in Brüssel zumeist ein vergleichsweise großes Gewicht haben, so ist der Einfluss nationaler Verbände begrenzt. Die Bildung von Allianzen und der Aufbau von europäischen Interessenvertretungen bleiben für den ZIA insofern unerlässlich, auch wenn wir das unmittelbare Gespräch über Themen, die unsere Branche betreffen suchen und finden. Eine dem ZIA vergleichbare breit aufgestellte europäische Interessenvertretung existiert bisher nicht; stattdessen versuchen mehrere Verbände bestimmte Brancheninteressen wahrzunehmen – mit unterschiedlichen Möglichkeiten und wechselndem Erfolg. Eine einheitliche Interessenvertretung bleibt insofern das Ziel unserer Bemühungen. Solange diese nicht besteht, schmieden wir Allianzen und Partnerschaften mit den bestehenden Verbänden.

Hinzu kommt, dass die EU-Institutionen eine eingeschränkte Wahrnehmung von immobilienwirtschaftlichen Themen haben. Immobilienpolitik ist keine Zuständigkeit der EU, gleichwohl betreffen zahlreiche Vorhaben unsere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar. Hier kontinuierlich Aufklärungsarbeit zu leisten ist die weitere Aufgabe, der wir uns angenommen haben.

In diesen Zusammenhang sind die Aktivitäten des ZIA im vergangenen Jahr einzuordnen. Was haben wir erreicht? Die enge Zusammenarbeit mit dem BDI hat sich bewährt und bleibt der Anker unserer Bemühungen. Darüber hinaus hat der ZIA die Zusammenarbeit mit anderen Immobilienverbänden in Brüssel, insbesondere innerhalb aus der BID-Familie, weiter gefestigt. Mittlerweile gibt es ein „Haus der deutschen Immobilienverbände“, in dem die Verbände unter einem Dach sitzen und an dem sich auch der ZIA beteiligt. Ein gemeinsamer monatlicher Newsletter versucht Licht ins Dunkel der manchmal undurchsichtigen Brüsseler Vorgänge zu bringen. Die Zusammenarbeit fördert den regelmäßigen Austausch und eine gewisse Arbeitsteilung, die uns hilft, die vorhandenen Ressourcen bestmöglich zu nutzen.

Auch die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Partnerverbänden ist vorangeschritten. Das ursprünglich als lockerer Austausch zu aktuellen Finanzthemen gestartete European Real Estate Forum hat sich durch regelmäßige Treffen, die Einrichtung einer gemeinsamen Website (www.europeanrealestateforum.eu) sowie ersten gemeinsamen Veranstaltungen im Europäischen Parlament zu einer festen Plattform für die europäische Immobilienwirtschaft entwickelt. Dort sind mittlerweile fast zwei Dutzend Verbände aus ganz Europa verbunden, 14 Verbände beteiligen sich aktiv. Der ZIA hat intensiv an dem Ausbau des Forums mitgewirkt und wird sich auch weiterhin aktiv dort einbringen. Das EREF ist zwar noch junges Forum, das aber eine gewisse Repräsentativität beanspruchen kann und den weiteren Ausbau lohnt.

Fortschritte bei CRD IV und Solvency II

Inhaltlich war die Arbeit in Brüssel weiterhin durch Finanzmarktregulierungsthemen geprägt, die uns bereits die letzten Jahre beschäftigt haben. Mit der European Long Term Investment Fund- Initiative (ELTIF) hat die EU gegen Ende der Legislaturperiode nur noch ein weiteres Vorhaben auf den Weg gebracht, das Implikationen für unsere Branche haben könnte.

Der bereits im März 2013 erzielte Verhandlungsdurchbruch zur europäischen Bankenregulierung (CRD IV-Paket) ist inzwischen auch offiziell durch Rat und Europäisches Parlament bestätigt worden. Dadurch wurde ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der Basel IIIRegelungen in Europa vollzogen. Offen ist weiterhin die Frage der sogenannten Leverage Ratio. Erst 2017 soll anhand eines Berichts der Europäischen Bankaufsicht EBA über risikoadäquat ausgerichtete Verschuldensobergrenzen und deren Einführung entschieden werden. Der ZIA lehnt die diskutierte Einführung einer einheitlichen Leverage Ratio von 3 Prozent als absolute Verschuldungsobergrenze ab 2017 ab. Die Europäische Union sollte die Leverage Ratio als bloße Berichtskennziffer einführen und nicht als verbindliche Steuerungskennziffer zementieren.

Auch im Rahmen der Richtlinie für die Versicherungsaufsicht (Solvency II) konnten Fortschritte erzielt werden. Nach monatelangen Trilogverhandlungen haben sich das Europäische Parlament, der Rat und die Europäische Kommission im November 2013 auf einen Kompromisstext zur begleitenden Omnibus II-Richtlinie verständigen können. Erfreulicherweise enthält diese Richtlinie, wie durch den ZIA gefordert, eine Revisionsklausel, nach der die Angemessenheit der Parameter und Methoden zur Berechnung der Eigenkapitalquoten im Standardmodell innerhalb von 5 Jahren nach Inkrafttreten der Solvency II-Richtlinie überprüft werden sollen. Dies bietet die Möglichkeit, die durch die Kommission und EIOPA vorgesehenen Risikofaktoren im Standardmodell noch einmal zu hinterfragen. Aus Sicht des ZIA ist der vorgeschlagene Stressfaktor von 25 Prozent für Investitionen in Immobilien weiterhin zu hoch angesetzt. Es ist nun Aufgabe der Immobilienwirtschaft und der Politik, aussagekräftige Daten zu sammeln, die eine Senkung des Stressfaktors rechtfertigen.

Der Anwendungsbereich der AIFMRichtlinie ist weiterhin in wichtigen Details ungeklärt. Hier versucht der ZIA sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene Klärungen zu erreichen. Einzelheiten hierzu finden sich im Bericht des Ausschusses Finanzierung.

Ausblick

Die europäische Staatsschuldenkrise hat den Fokus der europäischen Rechtsetzung auf Themen rund um die Finanzmarktregulierung gelenkt, so dass aktuell naturgemäß eine hohe Überschneidung der Ausschüsse nicht nur bei CRD IV und Solvency II, sondern auch bei der AIFM-Umsetzung, bei der EU-Initiative zur langfristigen Finanzierung der Wirtschaft und ganz aktuell bei ELTIF besteht. Doch das wird sich ändern, wenn die Politik die Krise in den Griff bekommt. Es steht zu erwarten, dass sich der Fokus dann auf andere Themen verlagert, wie z.B. den Beitrag des Unionsgesetzgebers zum Gelingen der Energiewende auf europäischer Ebene.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2013/2014

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