29.04.2015

Win-Win am Wohnungsmarkt

Modernisierungsmanagement rückt energetischen und barrierearmen Umbau in den Mittelpunkt

Rolf Buch, Vorstandsvorsitzender, Deutsche Annigton Immobilien SE
Rolf Buch

Der deutsche Wohnungsmarkt steht in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen. Insbesondere zwei Entwicklungen sind für den grundsätzlichen Wandel des Wohnungsmarktes verantwortlich: der demografische Wandel und die Energiewende. Die Menschen werden immer älter und dementsprechend steigen Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Energieeffizient, barrierearm und nachhaltig lauten hier die Aufgabenstellungen und sie müssen einhergehen mit den Wünschen der Mieter nach bezahlbarem, aber wertigem Wohnen in einer vertrauten Umgebung. Gelingt dies, kann ein Wohnungsunternehmen sowohl seine Mieter als auch seine Kapitalgeber zufrieden stimmen.

Das ehrgeizige Ziel der Bundesregierung lautet, bis 2015 rund 80 Prozent der Primärenergie einzusparen. Im Fokus steht hier der Gebäudebereich, dem mit einem Gesamtanteil von mehr als 40 Prozent des Endenergieverbrauchs eine besondere Verantwortung zukommt (Quelle: BMWI Energiedaten, Stand 2012).

Die Energiewende kann also nur dann gelingen, wenn in Wohngebäuden, die rund 65 Prozent des gesamten deutschen Gebäudebereichs ausmachen, hocheffiziente energieeinsparende Maßnahmen umgesetzt werden. Gleichzeitig ist es geboten, Mieter nach einer energetischen Sanierung vor finanziellen Überforderungen zu schützen, ohne jedoch den Investitionsanreiz für Kapitalgeber zu nehmen.

Staatlich geforderte deutliche CO2-Einsparung

Die Deutsche Annington, Deutschlands größtes privates Wohnungsunternehmen, investiert seit Jahren konsequent in die Realisierung der Energiewende. In den kommenden fünf Jahren wird sie für energetische Sanierung eine halbe Milliarde Euro ausgeben.

Bereits 2013 erzielte die Deutsche Annington im Rahmen ihres Modernisierungsprogramms eine CO -Reduzierung von rund 5.000 Tonnen, wie ein externes Fachingenieurbüro berechnete. Damit wurden die CO -Emissionen innerhalb eines Jahres nahezu halbiert.

Um das Sanierungsprogramm für den Gebäudebestand so strukturiert und konsequent wie möglich umzusetzen, hat die Deutsche Annington mit der Deutschen Energie Agentur (dena) einen renommierten unabhängigen Partner gewinnen können. Interessant für die dena war dabei vor allem der repräsentative Mietwohnungsbestand. Die Objekte lassen eine Hochrechnung auf mindestens vier Millionen Wohnungen zu.

Zwei Aspekte wurden dabei aus Sicht der Wohnungswirtschaft besonders analysiert: Wie können einerseits die Ziele der Energiewende erreicht werden und wie gelingt es andererseits, den wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Herausforderungen gerecht zu werden?

Erste Komplettanalyse eines bundesweiten Gebäudeportfolios

Im Ergebnis ist ein Sanierungsfahrplan erarbeitet worden – der erste seiner Art in der Wohnungswirtschaft –, der das Unternehmen zukünftig bei der Ausrichtung auf die energetischen Ziele der Bundesregierung unterstützt und das eigene Modernisierungsprogramm weiterentwickelt. Die Deutsche Annington ist überzeugt, damit der Diskussion rund um die energetische Sanierung wichtige Impulse liefern zu können. Die Studie ist zugleich die erste Komplettanalyse eines Gebäudeportfolios, das über ganz Deutschland vertreten ist.

Ein Blick auf die angewandte Methodik unterstreicht die hohe Relevanz und Übertragbarkeit der Ergebnisse: So handelte es sich um keine „Desktop-Analyse“, sondern um eine Vor-Ort-Begehung von ca. 800 typisierten, repräsentativen Gebäuden durch ein unabhängiges Ingenieurbüro. Die Daten wurden auf den langfristigen Bewirtschaftungsbestand des Unternehmens, der zu diesem Zeitpunkt bei über 150.000 Wohnungen in ca. 20.000 Gebäuden lag, hochskaliert. Es folgte eine energetische und wirtschaftliche Bewertung und die Errechnung von 120 Sanierungsvarianten. Außerdem gab es einen Abgleich mit den Energiezielen der Bundesregierung in einem Basisszenario sowie die Durchführung einer Sensitivitätsanalyse, verbunden mit der Fragestellung, welche Stellschrauben das Ergebnis in welcher Art und Weise beeinflussen.

Energieziele der Bundesregierung ambitioniert, aber machbar

Der Sanierungsfahrplan für die Deutsche Annington macht deutlich, dass die Energieziele der Bundesregierung für das Jahr 2050 zwar ambitioniert, aber machbar sind. Im Basisszenario erreicht die Deutsche Annington bis 2050 Einsparungen von 50 Prozent Endenergieverbrauch bzw. 70 Prozent Primärenergieverbrauch.

Unter Berücksichtigung sich verändernder Primärenergiefaktoren könnte sich der Primärenergieverbrauch gar um 76 Prozent reduzieren. Dieses Ergebnis führt dazu, dass die Energieziele der Bundesregierung für 2050 annähernd erreicht werden.

Mit Blick auf volkswirtschaftliche Effekte bedeutet dies: Bis 2050 würden bei einer Sanierung der hochgerechnet vier Millionen Wohnungen rund 78 Milliarden Euro (entspricht jährlich 2 Milliarden Euro) investiert werden.

Außerdem könnten innerhalb dieses Zeitraums jährlich ca. 20.000 Arbeitsplätze geschaffen bzw. gesichert und 12,3 Milliarden Euro Steuereinnahmen – nur Umsatzsteuer – generiert werden. Allein diese Steuereinnahmen liegen 30 Prozent über den eingesetzten Bundesmitteln für die Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur energetischen Sanierung. Last but not least würden ab 2050 jährliche CO Emissionen von 12,5 Millionen Tonnen vermieden werden. Das entspricht dem Verbrauch von 3,7 Millionen Fahrzeugen.

Die tatsächliche Gesamtinvestition der Deutschen Annington dürfte bis 2050 bei ca. 2,8 Milliarden Euro, etwa 318 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, liegen. Hinsichtlich der Erreichung des Effizienzhausstandards (nach EnEV 2009) ist festzuhalten, dass 41 Prozent den Effizienzhaustandard 85 erfüllen würden – sie wären also besser als vergleichbare Neubauten.

Zur Sanierung Informationsprogramm für Mieter

Alles in allem stellt diese Untersuchung eine geeignete Blaupause für zukünftige energetische Sanierung dar, die zeigt, wie wichtig langfristige Förderperspektiven und eine stabile Entwicklung des Ordnungsrechts sind. Doch ebenso wichtig ist es auch, die Mieter frühzeitig und umfassend zu informieren. Sanierte Gebäude stellen schließlich ganz andere Anforderungen an die Mieter. So ist es nach einer Sanierung erforderlich, das Heiz- und Lüftungsverhalten anzupassen. Erst dann lassen sich weitere Einsparpotenziale realisieren.

Nicht nur der Wohnkomfort, sondern auch der Wert der Immobilie hängt vom richtigen Verhalten der Bewohner ab. Die Deutsche Annington plant daher, sie durch weitere technische Maßnahmen, wie den Einbau von Feuchtigkeitsmessgeräten, zu unterstützen.

Auch will der Mieter mit Blick auf seine Kosten adäquat „abgeholt“ werden. So wäre es bei nur leicht abgesenkten Standards der energetischen Sanierung möglich, die Belastung der Mieter geringer zu halten und gleichzeitig die Anzahl der sanierten Gebäude zu erhöhen. Über eine Reduktion der Anforderungen an die einzelnen Bauteile, wie zum Beispiel eine etwas weniger dicke Dämmung, die nur eine leicht geringere Energieeinsparung erzielt, könnten erhebliche Kosten gespart werden.

Klar ist doch: Die Mehrbelastung muss sich für den Mieter im Rahmen halten. Es nützt einem Vermietungsunternehmen nichts, wenn sich die Eisenbahnerwitwe die Wohnung nach der Sanierung nicht mehr leisten kann.

Große Nachfrage nach seniorengerechtem Umbau

Bis ins hohe Alter in ihrer vertrauten Wohnung zu leben, das wünschen sich viele Menschen. Aber das setzt eine Vielzahl an Maßnahmen voraus, damit der Alltag mit 70 plus innerhalb der vier eigenen Wände auch funktioniert. Der seniorengerechte Umbau von dafür in Frage kommenden Wohnungen ist für ein Wohnungsunternehmen nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern sollte auch als Teil seiner sozialen Verantwortung wahrgenommen werden.

Dabei kann es klare Vorteile bringen, wenn sich das Unternehmen gezielt für einen barrierearmen statt für einen vollständig barrierefreien Umbau entscheidet. Er ist längst nicht so aufwändig und kostspielig, ganz abgesehen davon, dass er ja auch für deutlich weniger Bewohner – dann in der Regel Rollstuhlfahrer – erforderlich ist.

Die technischen Anforderungen für den barrierearmen Umbau sind ebenfalls hoch, beschränken sich jedoch gleichzeitig auf das tatsächlich Notwendige. Die Maßnahmen umfassen im Wesentlichen Veränderungen im Badezimmer: Rutschfeste Fliesen, flache Duschtassen sowie erhöhte WCs steigern fortan den Wohnkomfort.

2014 wird die Deutsche Annington rund 2000 Wohnungen in diesem Sinne seniorengerecht umbauen. Davon betroffen sind bezugsfertige Wohnungen, aber auch Teilmodernisierungen. Die Kosten dafür betragen pro Maßnahme 15.000 bzw. 5.000 Euro. Der Umbau wird nach den KfW-Bedingungen durchgeführt und finanziert.

Soziale Service-Angebote für Mieter im fortgeschrittenen Alter

Darüber hinaus steht das Unternehmen im stetigen Kontakt zu sozialen Diensten und karitativen Einrichtungen. Gemeinsam werden standortbezogen Kooperationsmöglichkeiten geprüft, die den Kunden im Bestand direkt zugute kommen. Denn es ist wichtig, dass Wohnen nicht isoliert gesehen wird, sondern im Verbund eines Quartiers, in dem alle Generationen ein Zuhause haben.

Erst kürzlich wurde in Krefeld am Niederrhein ein solch integratives Projekt erfolgreich umgesetzt: Der Nachbarschaftstreff, den die dortige DRK Schwesternschaft gemeinsam mit der Deutschen Annington eröffnet hat, bietet Begegnung, Beratung und Betreuung. Zum Angebot gehören gemeinsames Kochen, Backen, Frühstücken sowie Spielenachmittage. Ältere Mieter schätzen besonders die Gesellschaft, die der Treff bietet.

Fazit und Ausblick

Ein modernes Wohnungsunternehmen sollte, wenn es seine Mieter dauerhaft an sich binden möchte, so ganzheitlich wie möglich denken, denn nur im Zusammenspiel von dauerhaftem Qualitätserhalt durch vorausschauende Investitionen, Kosteneffizienz und breitgefächerten Kundenservice lassen sich hohe Zufriedenheitswerte erzielen.

Ein großes Unternehmen mit bundesweiter Präsenz hat dabei natürlich Vorteile, kann durch hohe Managementqualität für Skaleneffekte sorgen. Die Deutsche Annington verfügt nach dem erfolgreichen Börsengang im letzten Sommer über eine international innovative und flexible Finanzierungsstruktur. Das erhöht deutlich die Möglichkeiten, um auf veränderte Marktbedingungen oder Forderungen der Politik wirkungsvoll reagieren zu können.

Immer wichtiger wird eine frühzeitige energetische Sanierung des Wohnraums. Doch die muss finanzierbar sein und darf nicht zu stark zu Lasten der Mieter gehen. Die Effizienzstandards der Kreditanstalt für Wiederaufbau sind allerdings sehr hoch angesetzt. Bei einer moderaten Reduzierung könnte eine immer noch hohe Primärenergieeinsparung erreicht werden, doch erstens würden die Kosten deutlich geringer und zweitens gelänge es, die Sanierungsgeschwindigkeit zu erhöhen.

Auf diese Weise könnten die ambitionierten Ziele der Bundesregierung schneller erreicht werden. Dies wäre seitens der privaten Wohnungswirtschaft eine wichtige Empfehlung Richtung Politik, von der wir uns diesbezüglich Augenmaß sowie Verlässlichkeit mit Blick auf langfristige Investitionen wünschen.

Sowohl die energetische Sanierung als auch die Umrüstung zu seniorengerechtem Wohnen sind wichtige Anforderungen an ein um Nachhaltigkeit bemühtes Wohnungsunternehmen. Beides sind zugleich aber auch probate und erfolgversprechende Maßnahmen, weil sie mit Blick auf Werterhalt bzw. Wertsteigerung nicht nur für den Mieter, sondern auch den Kapitalgeber von Vorteil sind.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2013/2014