21.08.2018

Der Aufsteiger vom Niederrhein

Die Strategie zur erfolgreichen Wirtschaftsförderung und aktiver Liegenschaftspolitik

Dr. Ulrich Schückhaus, Geschäftsführer der WFMG Wirtschaftsförderung Mönchengladbach GmbH und der EWMG Entwicklungsgesellschaft Mönchengladbach mbH.,
Dr. Ulrich Schückhaus

Mönchengladbach ist überregional bislang vor allem durch seinen Fußballklub Borussia bekannt. Dies ändert sich aber jetzt schon. Grund dafür ist eine Wirtschaftsförderung und aktive Liegenschaftspolitik mit klarer Zielsetzung. Ihre Grundlage bildet ein Masterplan aus der Feder eines britischen Stararchitekten. Dr. Ulrich Schückhaus, Geschäftsführer der stadteigenen Gesellschaften für Wirtschaftsförderung und Entwicklung, erklärt die Strategie zum Erfolg samt bereits umgesetzter Maßnahmen.

Die EWMG arbeitet eng an der Seite der Stadt und betreibt aktive Standortpolitik. Können Sie die Zielsetzungen und  Aufgaben der EWMG näher erläutern?                             

Die EWMG - Entwicklungsgesellschaft der Stadt Mönchengladbach mbH - macht das Liegenschaftsmanagement für die Stadt Mönchengladbach. Wir tätigen strategische Ankäufe und entwickeln Flächen bis hin zur Baureife. Mit unserer Bauabteilung erschließen wir neue Gewerbegebiete und Wohngebiete und kümmern uns um den Verkauf von städtischen und EWMG-eigenen Grundstücken. Gemeinsam mit dem Baudezernat arbeiten wir an der Umsetzung des Masterplans und der Stadtentwicklungsstrategie mg+  Wachsende Stadt. Eng vernetzt sind ist die EWMG dabei mit der WFMG – der Wirtschaftsförderung der Stadt Mönchengladbach.                       

Im Einzelhandelssektor verfolgt die WFMG eine digitale Strategie – unter anderem, um dem Problem des Online-Handels entgegenzuwirken. Was genau bedeutet das?

Wir haben 2014 das von der Landesregierung geförderte Konzept MG retail 2020 gestartet. Das Konzept sollte untersuchen, wie der stationäre Handel sich mit Blick auf die Herausforderungen des Online-Handels weiterentwickeln muss. Im Rahmen der folgenden Umsetzung haben wir auch das Pilotprojekt „Mönchengladbach bei ebay" auf den Weg gebracht, mit dem wir für viel Furore gesorgt haben und das bundesweit extrem gute Resonanzen erhalten hat. Innerhalb von neun Monaten hatten wir 400 Millionen Kontakte durch Presse, Veröffentlichungen und Fernsehberichterstattungen - mittlerweile noch deutlich mehr. Wichtiger ist aber, dass die beteiligten Händler zufrieden waren. Ein Großteil der Händler hat mit dem Konzept gute Umsätze im Internet machen können, nach 3,2 Millionen € in der Pilotphase sind es mittlerweile über 7 Millionen €, bei Umsätzen in über 80 Ländern. Das Projekt zeigt, dass es mit einem intelligenten Konzept durchaus gelingen kann, den stationären Handel durch ein weiteres Standbein im Internet zu stabilisieren.

Der Fokus liegt aktuell stark auf der Kreativ- und Digitalwirtschaft sowie der Gründung von Start-ups. Welche Rolle spielt das für Mönchengladbach?

Das spielt eine sehr wichtige Rolle für uns. Ende Dezember 2016 haben wir gemeinsam mit vielen privaten Partnern aus der Wirtschaft und der digitalen Szene den Verein next-mg e. V. gegründet. Der Verein möchte junge Gründer in diesem Bereich fördern, die digitale Transformation stärken sowie das Thema Bildung in diesem Bereich fördern. Wir möchten etablierte Unternehmen dahinbekommen, ihre Prozesse zu digitalisieren. Junge Menschen möchten wir zudem frühzeitig für das Thema Digitalwirtschaft sensibilisieren. Dabei haben wir mit der Hochschule einen guten Partner an unserer Seite. Diese Arbeit hat momentan noch keine große Auswirkung auf den Immobilienmarkt, aber ich denke, es wird zukünftig die eine oder andere Firma geben, die sich hier positiv entwickelt.

Welche Ziele verfolgen die EWMG/WFMG mit den Entwicklungen rund um die Hochschulachse?

Wir müssen das Thema Hochschule aus meiner Sicht stärker in den Fokus der Stadt ziehen. Die Hochschule ist momentan gedanklich nicht im Bewusstsein der Menschen. Wir sind kein typischer Hochschulstandort wie Tübingen, Freiburg oder Heidelberg und werden das auch nie werden - dafür ist unsere Hochschule auch zu klein. Mit über 8.000 Studierenden hat die Hochschule trotz alledem einen erheblichen Wert an diesem Standort. Um die Hochschule in das Bewusstsein der Menschen zu rücken, müssen wir die Hochschulachse als Zentrum zwischen Rheydt und Mönchengladbach stärken. Der Hochschulcampus sollte sowohl durch städtebauliche als auch durch andere begleitende Maßnahmen erfahrbarer werden. Gemeinsam mit der Stadt Venlo arbeiten wir derzeit an dem Euregio-Projekt „Welcome Campus“, bei dem es um eine bessere Vermarktung des Hochschulstandortes Mönchengladbach geht. Weiterhin werden Investments derzeit verstärkt durch Dritte getätigt - beispielsweise der Bau der Textilakademie. Zudem wird das Thema Polizeipräsidium akut werden. Die Polizei ist aus dem Areal ausgezogen, so dass dieses Areal nun weiterentwickelt werden kann, beispielsweise durch eine gemeinsame Projektentwicklungsgesellschaft mit der Hochschule. Hochschulnahe Einrichtungen oder Gründer aus der digitalen Szene könnten Teile des denkmalgeschützten Areals nutzen.

Nun zum Thema Nordpark. Welche Potenziale hat der Nordpark, auch im Hinblick auf die überregionale Aufmerksamkeit?

Der Nordpark ist eine eigene Marke geworden und mittlerweile auch über Mönchengladbach hinaus bekannt. Uns erreichen explizit Nachfragen nach Flächen im Nordpark - von Einzelnutzern und Nutzern, die spekulative Bürobauten dort errichten wollen. Das Textilunternehmen van Laack hat damals den Anfang gemacht, als es seine Zentrale im Nordpark errichtete. Dem folgten einige weitere Unternehmen, nicht zuletzt die Santander Bank mit einem Büroensemble für 1.500 Beschäftigte. Der Nordpark läuft mittlerweile extrem gut und gewinnt vor allem auch durch seine Gesamtmischung: die Nähe zu Borussia macht den Standort zusätzlich interessant für Investoren.

Jetzt wird Mönchengladbach zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort. Ist es wahrnehmbar, dass die Beschäftigten sich jetzt auch zunehmend ihren Wohnort am Arbeitsort suchen? Wird viel gependelt?

Sowohl als auch. Es wird viel nach Düsseldorf gependelt und zum Teil auch nach Köln. Umgekehrt pendeln aber auch zunehmend Menschen in die andere Richtung. Mittlerweile haben wir als Stadt einen signifikanten Pendlerüberschuss zu verzeichnen. Dieser Saldo hat sich positiv entwickelt als Folge, dass wir mehr Arbeitsplätze bieten. Wir müssen aber nachziehen und den Menschen, die in Mönchengladbach arbeiten, auch interessante Angebote zum Wohnen machen. Jetzt geht es vor allem darum, die nächsten Baugebiete zu entwickeln, um insbesondere junge Familien hier zu halten.

Welche Wirtschaftszweige werden sich 2030 besonders stark in der Stadt etabliert haben?

Im Bereich der Digitalwirtschaft werden wir sicherlich eine deutliche Entwicklung haben, und ich denke auch, dass wir beim Thema E-Commerce eine gute Rolle spielen werden. Auch im Bereich Logistik wird das Thema E-Commerce ein zentraler Punkt in Mönchengladbach werden. Ansonsten prognostiziere ich, dass wir uns im Dienstleistungsbereich ordentlich weiterentwickeln werden und dass insbesondere im Gesundheitsbereich einiges passieren wird. Und ich erwarte, dass wir in Teilbereichen eine Renaissance der Textil- und Bekleidungswirtschaft erleben werden - Stichwort intelligente und technische Textilien - und uns in der Produktionswirtschaft zunehmend auf die Herausforderungen der digitalen Welt einstellen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von EWMG – Entwicklungsgesellschaft der Stadt Mönchengladbach mbH
Erstveröffentlichung: „Ein klarer Aufwärtstrend“, erschienen in: metropolis, Sonderausgabe „Mönchengladbach – Stadt im Aufbruch“, Januar 2017

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