12.12.2018

Regulierung an Wohnungsmärkten

Unterschiede und Auswirkungen im Ländervergleich

Prof. Dr. Gabriel Lee, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienökonomie an der IREBS International Real Estate Business School der Universität Regensburg und Research Associate am Institut for Advanced Studies (IHS) in Wien,
Dr. Jan Philip Weber, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Regensburg, Ökonom beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken,
Prof. Dr. Gabriel Lee

Steigende Mieten und eine zunehmende Wohnraumknappheit in großen Metropolen und Ballungsräumen lassen immer wieder politische Forderungen nach einer Verschärfung der Mietpreisbremse und anderen Regulierungsmaßnahmen am Wohnungsmarkt laut werden. Doch wie sinnvoll ist eine solche Regulierung überhaupt und welche Effekte sind dadurch tatsächlich zu erwarten? The Property Post sprach darüber mit Professor Dr. Gabriel Lee, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienökonomie an der IREBS International Real Estate Business School der Universität Regensburg und Research Associate am Institut for Advanced Studies (IHS) in Wien, sowie mit Dr. Jan Philip Weber, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Regensburg und Ökonom beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken.

The Property Post: Herr Professor Lee, Herr Dr. Weber, Sie haben sich an der IREBS in Regensburg intensiv mit der Frage der Regulierung von Wohnmietmärkten befasst. Was waren die Ziele und Motive für diese Untersuchung?
Prof. Dr. Gabriel Lee: Seit den großen Immobilienmarktkrisen des vergangenen Jahrzehnts beobachten wir ein allgemein gestiegenes Interesse am Thema Wohnungsmarktregulierungen. Die Frage nach der Anwendung bestimmter Maßnahmen wird dabei natürlich auch im Zusammenhang mit der Frage nach der Wirksamkeit oder nach eventuellen unerwünschten Effekten diskutiert. Hierzu wollten wir einen wissenschaftlich fundierten Beitrag leisten, der vor allem zu einer Versachlichung der oft sehr ideologisch geführten Debatten beitragen kann.
Dr. Jan Philip Weber: Wir haben dazu ein Diskussionspapier erstellt, das sich in zwei Teile gliedert. Im ersten Teil haben wir einen bislang einzigartigen Index entwickelt, mit dem sich die Intensität der Regulierung auf einem Mietmarkt messen lässt. Zu diesem Zweck wird das jeweilige nationale Mietrecht numerisch abgebildet, sodass es einer ökonomischen Analyse zugänglich wird. Der Fokus des Index liegt dabei auf der Sicherheit von Mietern und der Regulierung der Mieten. Basis für unsere Untersuchungen war ein neuer Datensatz, der insgesamt 18 entwickelte Volkswirtschaften über einen Zeitraum von 1973 bis 2014 umfasst. Zum anderen haben wir analysiert, wie sich die Regulierung seit den 1970er Jahren entwickelt und welche Effekte sie auf die tatsächliche Entwicklung der Mieten gehabt hat. Wir wollten herausfinden, inwiefern die verschiedenen Arten der Regulierung überhaupt einen Einfluss auf die Entwicklung der Mieten hatten und falls ja, wie sich dieser konkret ausgewirkt hat.

TPP: Sprechen wir zunächst einmal von jenen Märkten, in denen es gar keine Mietpreisbindung gibt. Wie haben sich die Mieten in diesen Ländern entwickelt?
G.L.: In den Mietmärkten ohne Mietpreisbindung war im Analysezeitraum im Schnitt eine stabile Entwicklung der inflationsbereinigten Mieten zu verzeichnen. Das ist insofern interessant, als dieses Resultat im Gegensatz zu der verbreiteten Vermutung und den daraus resultierenden politisch motivierten Ängsten steht, ohne Mietpreisbindung würden die Mieten stark steigen.
TPP: Und wie sieht es in den Märkten mit einer Regulierung der Mieten aus?
J. P. W.: Hier muss man zwischen verschiedenen Ausmaßen der Regulierung differenzieren. Da gibt es zum einen die sogenannten Mietpreisregime der ersten Generation, die sehr streng sind. Sie führen zu einer signifikant niedrigeren Mietpreisdynamik als in Mietmärkten, in denen es keine Preisbindung gibt. Im Durchschnitt war in diesen Märkten ein Sinken der realen Mieten zu beobachten. Bei Regulierungen, die zumindest eine eingeschränkte Entwicklung der Mieten ermöglichen, hängt der Effekt in starkem Maße vom Grad des gesetzlichen Kündigungsschutzes ab.

TPP: Was bedeutet das konkret, welche Wechselwirkung ist dabei feststellbar?
J. P. W.: Es hat sich gezeigt, dass die Wirksamkeit der Regulierung der Mieten entscheidend dadurch beeinflusst wird, in welchem Ausmaß den Mietern ein gesetzlicher Kündigungsschutz zugesichert wird. Bei bestimmten Ausprägungen des Kündigungsschutzes ist es sogar möglich, dass Mietpreisregulierungen im Ergebnis zu höheren Mieten führen als in Märkten, in denen ganz auf eine Mietpreisregulierung verzichtet wird.

TPP: Welche praktischen Schlussfolgerungen lassen sich daraus ableiten? Haben Sie eine konkrete Handlungsempfehlung an die Politik?
G.L.:  Mit Blick auf die Regulierung der deutschen Wohnmietmärkte und hier vor allem auf die Mietpreisbremse lautet unsere Empfehlung, dass Maß der Regulierung nicht zu überziehen. Unsere Forschungen zeigen, dass eine übermäßige Regulierung früher oder später zu einer Zersetzung des Mietmarktes führt. Das war in den vergangenen Jahrzehnten eindrucksvoll zu beobachten. Ausreichend große und stabile Mietmärkte sind ein wichtiger Bestandteil des Immobilienmarktes. Sie sorgen nicht nur für eine größere Diversität der möglichen Wohnformen, sondern erhöhen zugleich auch die Resilienz des gesamten Immobilienmarktes gegen Übertreibungen.

TPP: Herr Professor Dr. Lee, Herr Dr. Weber, vielen Dank für das Gespräch!

Die Analyse steht hier zum Download zur Verfügung: https://epub.uni-regensburg.de/37878/1/Heft_21.pdf

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von IRE | BS
Erstveröffentlichung: The Property Post, Dezember 2018

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