01.11.2022

Steigende Mieten

Mietmarkt – quo vadis?

Yiannis Tzakris, Geschäftsführer, Black Label Immobilien
Yiannis Tzakris

Bald haben wir ein Jahr Ampelkoalition hinter uns. Mit ehrgeizigen Zielen ist das Bündnis aus SPD, FDP und Grünen in die Legislaturperiode gestartet. Eines davon war, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, um den steigenden Mieten entgegenzuwirken. Neubau würde die Situation entschärfen. Yiannis Tzakris, Geschäftsführer der Wohnungsverwaltung Black Label Property Management, sieht die Marktentwicklung in Berlin kritisch. In unserem Interview berichtet er über die aktuelle Wohnsituation in der Hauptstadt.

Immobilien Aktuell: Herr Tzakris, welche Art von Wohnungen verwalten Sie und Ihr Team?
Yiannis Tzakris:
Wir sind für insgesamt rund 1.000 Wohneinheiten zuständig. Ein Großteil davon befindet sich in Berlin, einige sind in Sachsen und im restlichen Bundesgebiet. Die Bandbreite reicht von Neu-, Alt- und Plattenbauten bis hin zu luxuriösen Häusern. 200 Wohnungen davon würde ich als sehr teuer einstufen.

IA: Was bedeutet für Sie sehr teuer?
YT:
In Berlin liegen die Preise inzwischen oft bei über 30 Euro für den Quadratmeter. Vor allem in Kreuzberg und Neukölln sind solche Mieten schon fast Normalität, aber generell ist das Wohnen innerhalb des S-Bahn-Rings in den letzten sechs bis sieben Jahren sehr teuer geworden. 2021 gab es zwar eine kurze Stagnation, aber inzwischen ziehen die Preise wieder an. Aber wir verwalten auch günstige Wohnungen, die beginnen bei drei bis vier Euro pro Quadratmeter. Solche Preise sind aber eigentlich nur noch in ländlichen Gebieten oder Kleinstädten zu finden – in Wittenberge oder Magdeburg zum Beispiel. In Berlin – haben wir das Gefühl – sinkt die Preissensibilität. Die Leute zahlen ganz locker horrende Preise, die vor vier Jahren gar nicht realisierbar gewesen wären.

IA: Haben Sie ein Beispiel für uns?
YT:
Vor einigen Wochen haben wir etwa einen neuen Mieter für eine Wohnung in Charlottenburg gefunden. Altbau, 85 Quadratmeter für 2.600 Euro kalt. Der Herr wollte nach Berlin ziehen und hat die Wohnung im Vorfeld nicht mal besichtigt. Was für manche Leute mehr als der gesamte Monatslohn ist, zahlt er ganz problemlos an Kaltmiete. Und solche Fälle erleben wir in letzter Zeit immer wieder.

TPP: Sind denn die Berliner noch bereit, solche Summen zu zahlen, oder sind es eher die Zugezogenen?
YT:
Also die Berliner sind kaum noch für solche Mietpreise zu haben und ziehen eher in die äußeren Bezirke oder in eine andere Stadt. Die Hauptstadt galt ja lange Zeit als Inbegriff des billigen Wohnens. Am Stadtrand oder im Vergleich mit anderen Städten lässt es sich hier auch noch relativ günstig leben. Bei den Zugezogenen sieht es dagegen ganz anders aus. Wir haben zum Beispiel viele Anfragen aus England. Womöglich von Leuten, die den Folgen des Brexit entkommen wollen. Für sie sind 1.000-1.500 Euro für eine 50 Quadratmeter-Wohnung günstig bzw. normal. Bei Londoner Verhältnissen sind wir hier dann eben doch noch nicht angekommen.

IA: Was für Leute ziehen denn in erster Linie nach Berlin?
YT:
Das lässt sich gar nicht so pauschal sagen. Die Menschen kommen aus aller Welt, neben England haben wir auch viele Anfragen aus Italien, Griechenland oder Indien. Was sie aber in der Regel gemeinsam haben, ist, dass sie zu den Besserverdienern gehören oder eine Wohnung durch ihren Arbeitgeber bezahlt bekommen. Viele suchen eine dauerhafte Unterkunft, manche aber auch nur für sechs Monate. Durch Letztere beobachten wir auch vermehrt den Trend, möblierte Wohnungen anzubieten. Die Vermieter können dann noch etwas mehr auf die Miete draufschlagen.

IA: Apropos möblierte Wohnungen. Lohnt sich das noch für Vermieter?
YT:
Manchmal lassen sie die Wohnungen von Profis möblieren, manchmal übernehmen sie es aber auch selbst – mit für meinen Geschmack fragwürdigen Ergebnissen. Das sind dann ganz andere Mietverhältnisse, die Mieter sind weniger geschützt. Was sich jetzt allerdings als Problem für Vermieter erweist, sind Pauschalmieten, in denen die Energiekosten bereits enthalten sind. Damit haben sich Vermieter zum Teil ins eigene Fleisch geschnitten, wie sich solche Mietverträge entwickeln, müssen wir erst noch sehen.

IA: Geht der Hang zur Eigentumswohnung zurück?
YT:
Wer über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, ist auf lange Sicht besser beraten eine Wohnung zu kaufen als zur Miete zu wohnen. Doch wer kann schon eine Wohnung auf einen Schlag bezahlen? Die Mieten steigen momentan fast parallel zu den Zinsen, deswegen haben auch Menschen mit einem sehr hohen monatlichen Einkommen von 5.000 Euro Probleme bei der Finanzierung. Sie wohnen dann stattdessen für 2.000 Euro aufwärts zur Miete, was wiederum den generellen Mietanstieg befeuert.

IA: Könnte der versprochene Wohnungsbau der Bundesregierung das Problem lösen?
YT:
Ja, ich denke schon. Das würde das Problem zwar nicht über Nacht beseitigen, aber spürbar abmildern. Wobei die geplanten 400.000 Wohnungen pro Jahr vermutlich nicht ausreichen, wenn sie denn umgesetzt würden. Durch Gespräche mit meinen Kollegen, auch aus anderen Verwaltungen, denke ich, dass wir bundesweit mindestens 500.000 neue Wohnungen jährlich bräuchten. Andere Mittel wie der Mietendeckel haben jedenfalls gezeigt, dass sie nicht funktionieren. Die Eigentümer haben ihre Immobilien dann einfach nicht mehr vermietet und auf das Auslaufen des Mietendeckels gewartet, was zu noch mehr Wohnraumverknappung geführt hat. Ein forciertes Neubauprogramm ist für mich deshalb die einzige wirksame Lösung.

IA: Und wohin führt uns die Verteuerung der Energiepreise?
YT:
Ich denke, dass das ein vorübergehendes Problem ist. Energie wird teurer bleiben als wir das bisher kannten, aber die aktuellen Verzigfachungen der Preise dürften sich spätestens in zwei Jahren relativieren, wenn wir Flüssiggasterminals haben. Bis dahin müssen wir alle Energie sparen, wo es geht, und auf Sicht fahren. Wenn es wirklich klemmt, sollten Mieter und Vermieter im Gespräch bleiben. Wir haben sogar schon von Fällen gehört, wo die Vermieter mit der Kaltmiete runtergegangen sind, weil die Mieter ansonsten befürchten, ihre Wohnung zu verlieren. Ich denke, wir müssen alle zusammenhalten und dann kommen wir schon durch, denn keine Krise währt für immer.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Black Label Property Management
Erstveröffentlichung: Immobilien Aktuell, September 2022

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