24.10.2023

Neue Büros braucht das Land

Angestellte fordern modernere Arbeitsplätze, weiß David Rouven Möcker

Reiner Reichel, Redakteur, The Property Post

Die Stimmung auf dem deutschen Büroimmobilienmarkt ist schlecht, auch wenn manche Maklerhäuser das nicht wahrhaben wollen. „The Property Post“ fragte David Rouven Möcker, Partner im Geschäftsbereich Real Estate Consulting & Transformation von PwC Deutschland, welche Folgen die Corona-Pandemie für den Markt hat.

The Property Post: Herr Möcker, wie sehen Sie die aktuelle Lage auf dem Büroimmobilienmarkt?
David Rouven Möcker:
Ich glaube, dass die ganz großen Veränderungen auf dem Markt noch bekommen werden. Zwar sehen wir, dass erste Eigentümer von Büroimmobilien in Schwierigkeiten kommen. Doch das ist erst die Spitze eines Eisbergs.

TPP: Warum?
DRM:
Der Trend zum Arbeiten im Homeoffice oder an dritten Arbeitsorten, etwa Co-Working-Arbeitsplatz oder auch dem Café an der Ecke, bleibt bestehen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fordern die Möglichkeit außerhalb des Firmenbüros zu arbeiten ein. Das bestätigen unsere Umfragen eindeutig. Dadurch wird der Flächenbedarf geringer. Doch aufgrund langfristiger Mietverträge können Mieter ihre Flächen nicht sofort anpassen. Und die meisten, mit denen wir sprechen, wollen ihre Flächen auch nicht sofort reduzieren.

TPP: Weniger Präsenz, weniger Fläche, weniger Kosten. Warum sollen die Unternehmen interessiert sein, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Firmenbüro zurückkehren?
DRM:
In der Pandemie ist klar geworden, dass sich normale Büroarbeiten auch außerhalb der Firma erledigen lassen. Die Unternehmen überlegen nun, welche Arbeiten im Büro erledigt werden müssen, wie sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder für kreative Zusammenarbeit in ihre Büroräume locken können und wie diese Räume aussehen müssen, damit das gelingt. Das bedeutet, dass die Flächen umgestaltet werden müssen. Und letztendlich geht es darum, zu klären, wer die Umgestaltung bezahlen soll und kann.

TPP: Warum wollen Unternehmen die aktuellen Flächen behalten, wenn nach der Umgestaltung ungenutzte Flächen bleiben und Kosten verursachen?
DRM:
Dass ist so, aber es ist nicht nachvollziehbar. Zu Corona-Zeiten sagten die Unternehmen: Wir reduzieren unsere Flächen. Und jetzt sagen sie: Die Flächen bleiben. Das wundert mich auch. Ich kann nicht sagen, woher der Sinneswandel kommt. Ich kann nur vermuten, dass diese Unternehmen sich noch nicht überlegt haben, was sie mit den ungenutzten Flächen anfangen. Vielleicht scheuen sie auch die Umbaukosten, obwohl sich die durch sinkende Mieten gegenfinanzieren ließen. Ich glaube aber nicht, dass die Unternehmen überflüssige Flächen langfristig behalten werden.

TPP: Wer soll die Umbaukosten bezahlen? Der Mieter oder der Vermieter?
DRM:
Büros stehen leer, Mieter bekommen großzügige Angebote, wenn sie die Räume wechseln möchten. Das spricht dafür, dass die der Vermieter die Umbaukosten tragen muss.

TPP: Werden die Mieter die Umbaukosten über höhere Mieten nachträglich finanzieren?
DRM:
Das wird sich zeigen. Ich vermute, dass dies nur zu einem gewissen Teil geschehen wird. Das wird der Markt regeln.

TPP: Viele Vermieter stehen vor dem Problem, dass der Wert Ihrer Gebäude schneller gesunken ist, als sie die darauf entfallenden Kredite getilgt haben. Wenn sie keine Rücklagen gebildet haben, muss der Umbau fremdfinanziert werden, was den LTV zusätzlich erhöhen würde. Da werden die Banken nicht mitspielen. Woher soll das Geld für die Modernisierung kommen?
DRM:
Wenn der Vermieter den Umbau nicht finanzieren kann, kann es sich unter bestimmten Umständen lohnen, dass der Mieter das übernimmt. In einer Modellrechnung haben wir festgestellt, dass es für den Mieter aufgrund sinkender Mietkosten für eine reduzierte Fläche vorteilhaft ist, bis zu 650 Euro Umbaukosten zu übernehmen. Dieser Beispielrechnung lagen klar definierte Annahmen zugrunde. Das Ergebnis lässt sich also nicht verallgemeinern. Es muss für jedes Mietobjekt individuell gerechnet werden.

TPP: Wie verändert die Umgestaltung die Räume?
DRM:
Bevor umgebaut wird, muss ein Unternehmen klar definieren, welche Aufgaben seine Angestellten im Büro erledigen sollen. Soll in kleinen Gruppen gearbeitet werden, Diskussionen in größeren Teams möglich sein, Kunden getroffen werden oder ist der Rückzug in Einzelbüros nötig. Danach richtet sich die Gestaltung aus.

TPP: Betrifft diese Umgestaltung nur die zehn bis 20 Prozent der erstklassigen Bürogebäude in den Top-Lagen der Ballungsgebiete?
DRM:
Nein, keineswegs. Wir reden über 80 Prozent des Büromarktes, inklusive des öffentlichen Sektors. Mit der neuen Situation müssen sich Konzerne genauso wie Mittelständler und die Verwaltung auseinandersetzen.

TPP: Es fällt mir schwer zu glauben, dass etwa Mittelständler in einer B- oder C-Stadt, dessen Mitarbeiter je nach Aufgabe und Hierarchiestufe in Einzel-, Zweier- oder Großraumbüros arbeiten, sich mit so weitreichenden Umgestaltungen befasstbefassen.
DRM:
Ich bin davon überzeugt, dass sie es müssen – auch patriarchalisch geführte Familienunternehmen. Es ist auch nicht so, dass sich die großen Konzerne schon alle damit befasst haben. Wir erleben, dass sich alle gleichmäßig langsam bewegen. Die große Welle ist noch nicht da. Das liegt daran, dass die Unternehmen dazu ihre Kultur verändern müssen.

TPP: Haben Sie eine Vorstellung, wie lang dieser Prozess dauern wird?
RDM:
In den nächsten Jahren wird der Druck der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Arbeitgeber zunehmen und binnen fünf Jahren die große Welle lostreten. Der Umbauprozess selbst wird länger dauern.

TPP: Wie wird die Digitalisierung die Büros verändern?
DRM:
Es wird sich durchsetzen, dass wir unsere Arbeitsplätze und Besprechungsräume in der Firma per App vorbuchen, auch den Ladeplatz für das E-Auto reservieren. Grundsätzlich gibt es diese Möglichkeiten schon heute, aber sie werden noch kaum genutzt. Aber an solchen Buchungssystemen geht kein Weg vorbei, denn ohne sie ist die Flächennutzung überhaupt nicht zu steuern. Auch auf dem Gebiet des Facility Managements wird sich richtig viel tun. Die Anlagensteuerung in den Gebäuden wird digitaler werden, so dass man Heizung, Lüftung, Beleuchtung schneller und effektiver steuern kann. Reinigungsleistungen lassen sich mittels Robotik automatisieren. Serviceleistungen können von Robotern erbracht werden, etwa indem sie Getränke und Nahrungsmittel an den Arbeitsplatz bringen.

TPP: Herr Möcker, vielen Dank für das Interview.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von PwC Deutschland
Erstveröffentlichung: The Property Post, Oktober 2023

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Reiner Reichel, Jahrgang 1956, war viele Jahre Immobilienredaktuer des Handelsblatts. Journalismus betreibt er, wie er Fußball spielt: hart aber fair.

David Rouven Möcker.jpgDavid Rouven Möcker (46) leitet als Partner den Geschäftsbereich Real Estate Consulting & Transformation von PwC Deutschland. Seit 2005 arbeitet er – abgesehen von einer zweijährigen Unterbrechung – für das Beratungsunternehmen. Seine mehr als 15 Jahre Berufserfahrung nutzt der Wirtschaftsingenieur vor allem in der Strategie- und Organisationsberatung. Kernthemen sind in diesem Zusammenhang der Umgang mit ESG-Richtlinien und die fortschreitende Digitalisierung. Privat reist er gerne mit der Familie, vornehmlich in die USA und nach Asien. Vor allem Japan hat es ihm angetan, nachdem er dort das Geschäft für einen international tätigen Hersteller von Baugerüsten und Schalungssystemen aufbaute. In dieser Zeit stellte er fest, dass Japan in der Digitalisierung Europa eine Nasenlänge voraus ist. In den japanischen Städten drehe sich das Rad einfach schneller als hierzulande, sagt Möcker. 

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