15.02.2022

Auslaufmodell Artikel-8-Fonds

Heute "ausreichend" – morgen "ungenügend"

Goesta Ritschewald, Geschäftsführer, ASSIDUUS Development GmbH
Goesta Ritschewald

Die Taxonomieanforderungen an Immobilienfonds nach Artikel 8 erfüllen die gegenwärtigen, moderaten Anforderungen an ein nachhaltiges Investment. Doch auf lange Sicht sind diese Fonds weder ökologisch noch wirtschaftlich nachhaltig, sagt Assiduus-Geschäftsführer Goesta Ritschewald.

Fonds nach Artikel-8-Standard setzen sich bei offenen Immobilien-Spezialfonds und offenen Immobilien-Publikumsfonds zunehmend durch. Die meisten Anbieter und auch viele Anleger sind auf diesen Zug aufgesprungen. Die Asset-Manager können so ihre Produkte als nachhaltig verkaufen und die Investoren ihr Geld mit gutem Gewissen anlegen. Doch um einen wirklichen Beitrag zur Dekarbonisierung bzw. zur Abschwächung des Klimawandels zu leisten, sind die Vorgaben meiner Meinung nach bei solchen Fonds nicht streng genug. Es genügt nicht, ein paar E-Ladesäulen aufzustellen, preisgedämpfte Mieten anzubieten oder einen Teil des Portfolios taxonomiekonform zu investieren.

Daneben gibt es auch handfeste ökonomische Argumente, die gegen den Artikel-8-Fonds sprechen. Die bisherige Regulierung ist keineswegs final. Mitte 2022 wird die Integration von Environmental-Social-Governance-Grundsätzen (ESG) im Vertrieb erfolgen. Außerdem wird die aktuelle Taxonomie durch eine weitere Teil-Taxonomie ergänzt, die voraussichtlich zum 1. Januar 2023 in Kraft tritt. Schließlich befindet sich auch eine soziale Taxonomie in Vorbereitung. Die Reise geht eindeutig in Richtung strengere und umfassendere Regulierung.

Diese Entwicklung muss bei einem langfristigen Anlagegut wie der Immobilie aus verschiedenen Gründen berücksichtigt werden. Die Anforderungen nach Artikel 8 (die besagen, dass ein solcher Fonds "nachhaltige Merkmale" aufweisen muss) beziehen sich auf den heutigen technischen Standard. Dieser Standard wird aber in Zukunft nicht ausreichen. Ein Refurbishment bzw. ein Nachrüsten im Betrieb ist aber erheblich teurer als bei einem leer stehenden Gebäude.

Des Weiteren decken heutige Artikel-8-Fonds häufig nur Kriterien aus dem Bereich E ab. Ohne eine Integration von Kriterien aus den Bereichen S und G drohen auch energetisch ertüchtigte Immobilien mittelfristig zu "Stranded Assets" zu werden.

Es ist zu erwarten, dass die Institutionellen mittelfristig gar nicht mehr anders als nachhaltig investieren können. Dies liegt einerseits an ihrer eigenen Regulierung und andererseits am Verhalten ihrer Kunden bzw. Beitragszahler. Beispielsweise regelt in der Versicherungswirtschaft ab August 2022 eine Richtlinie genau, wie die Produktauswahl und -ausgestaltung den Nachhaltigkeitswünschen des Kunden Rechnung trägt. Jeder kann sich ausrechnen, wie sich die Präferenzen von Kunden der "Generation Greta" dann auf die Mittelzuflüsse auswirken.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ASSIDUUS Development GmbH
Erstveröffentlichung: IZ, Januar 2022

Konversation wird geladen