23.01.2024

Höhere Mieten im Neubau

Daran müssen die Deutschen gewöhnen

Pepijn Morshuis, CEO, Trei Real Estate GmbH
Pepijn Morshuis

Die Wohnungsmieten kennen in Deutschland seit 20 Jahren nur eine Richtung – nach oben. Zwischen 2002 und 2022 stiegen sie im bundesweiten Schnitt um 28 Prozent. Blickt man auf das Segment der Neubauwohnungen, zeigt sich eine vergleichbare Steigerung. Anders und deutlich dramatischer hingegen ist die Situation in den großen Städten: In Berlin beispielsweise stiegen die durchschnittlichen Mieten allein in den letzten zehn Jahren um 81 Prozent. Im Neubausegment stiegen die Medianmieten im selben Zeitraum sogar um 111 Prozent – von 11,5 Euro pro qm Ende 2013 auf 24,3 Euro pro qm im September 2023.

Das macht bei einer 50-Quadratmeter-Wohnung satte 1.215 Euro im Monat – ohne Nebenkosten. Stellt man das dem durchschnittlichen Berliner Nettolohn von 2.480  Euro je Monat gegenüber, wird schnell klar, dass die Wohnkosten ein Drittel deutlich übersteigen – zumindest wenn man von einem Single-Haushalt ausgeht.

Und der Ausblick in Sachen Neubaumieten ist – zumindest für Mieter – alles andere als erfreulich. Die Haupttreiber sind bekannt: hohe Zuwanderung und sinkender Neubau. Das Beratungsunternehmen PREA prognostizierte jüngst ein Ansteigen der Neubaumieten in den großen Städten auf 30 Euro pro Quadratmeter und Monat. Für den modernisierten Bestand erwartet PREA 25 Euro pro Quadratmeter und Monat.

Welche Ansatzpunkte gibt es, die Mietkostenbelastung im Neubau zu senken? Fakt ist: Bei den Zinskosten ist keine Erleichterung in Sicht. Es gibt zwar eine gewisse Entlastung bei den Baukosten, weil Generalunternehmer und ihre Subunternehmer in der aktuellen Krise wieder mehr freie Kapazitäten haben. Das bedeutet leicht sinkende Preise. Auch die Preise für Baumaterialien wie Stahl, Holz, Beton oder Bitumen sind nach den Hochs des letzten Jahres wieder deutlich gesunken. Allerdings bewegen sie sich immer noch auf einem Level, das deutlich höher liegt als vor Corona.

Das Aussetzen des EH-40-Standards ist ein richtiger Schritt

Ein anderer Kostentreiber sind die umfassenden regulatorischen Vorgaben in Deutschland. Hier gibt es aktuell zumindest etwas Bewegung. So hat Minister Habeck signalisiert, dass er den strengen Effizienzhaus-Standard EH 40, der Anfang 2025 Vorschrift geworden wäre, nicht umsetzen werde. Experten zufolge ist allein diese Verschärfung des bisherigen EH 55 auf EH 40 für zusätzliche Bauwerkskosten von 260 bis 300 Euro pro Quadratmeter verantwortlich. Das heißt unterm Strich bei einer 50-Quadratmeter-Wohnung 14.000 bis 15.000 Euro Mehrkosten. Zwar geht die die Aussetzung der jüngsten Verschärfung in die richtige Richtung. Dennoch wird es in Deutschland vermutlich nicht zu einer umfassenden Verschlankung der Regulierung und damit zu einem Durchbruch bei der Senkung der Baukosten kommen.

Ein weiterer Punkt zur Senkung der Wohnungskosten ist relativ unpopulär, sollte aber dennoch diskutiert werden: Der Flächenverbrauch ist in den letzten 50 Jahren ungebremst gestiegen und liegt aktuell bei 47,4 Quadratmetern pro Kopf. Zum Vergleich: 1991 waren es noch 34,9 Quadratmeter. Das entspricht einem Anstieg von fast 36 Prozent. Senkt man den Flächenverbrauch pro Person, sinken automatisch die Wohnkosten. Wir sind in den letzten Jahren – zumindest in Deutschland – schlicht verwöhnt gewesen, was den Flächenverbrauch angeht und haben uns an einen hohen Pro-Kopf-Verbrauch gewöhnt.

Dazu ein Beispiel: Eine 60-Quadratmeter-Wohnung in Berlin würde bei einer Kaltmiete von 24,3 Euro pro Quadratmeter 1.458 Euro im Monat kosten. Wird diese Wohnung nicht von einer Person, sondern einem Paar oder einer Wohngemeinschaft von zwei Personen angemietet, sinken die Wohnkosten auf 729 Euro pro Person und Monat und damit – gemessen am Durchschnittsverdienst in Berlin –  auf ein tragbares Maß von ca. 29 Prozent des netto Monatsgehalt. Klar ist aber auch: Das funktioniert nur, wenn die Grundrisse extrem effizient sind. Eine Dreizimmerwohnung auf einer Fläche von 60 Quadratmetern ist jedoch erfahrungsgemäß realisierbar.

Daraus folgt: In Zeiten der Versingelung und von rund 50 Prozent Singlehaushalten in den Großstädten muss auch bei Zweizimmerwohnungen an den Quadratmetern gespart werden. Bei 40 Quadratmetern – auch dies ist realistisch – ergibt sich eine Kaltmiete von 972 Euro pro Monat. Dies ist zwar teuer, aber für einen Durchschnittsverdienet mit 2.480 Euro netto im Monat erschwinglich.

Fazit: Die Wohnmieten im Neubau und Bestand werden weiter steigen. Es gibt keine schnelle Lösung für das Wohnungsproblem, sondern eher eine Fülle von Stellschrauben, an denen gedreht werden muss. In den Metropolen wird es dennoch für viele Haushalte oft nur eine Lösung geben: Wenn sie zentral wohnen wollen, müssen sie den Flächenverbrauch reduzieren. 

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Trei Real Estate
Erstveröffentlichung: FAZ, November 2023

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