09.07.2025

Zeit für ein Zeitwohnenrecht

Gelebte Realität anerkennen

Jan Hase, CEO und Co-Founder, Wunderflats GmbH
Jan Hase

In der Hitze öffentlicher Debatten über Wohnraummangel und Mietpreisexplosion bleibt eine Wohnform oft im Schatten der Missverständnisse: das Zeitwohnen. Dabei eröffnet es Perspektiven und ist ein Türöffner für Lebenswege im Wandel.

Ankommen statt ausharren
Wer in eine neue Stadt zieht - sei es für einen Job, ein Forschungsprojekt oder aus persönlichen Gründen - braucht ein funktionierendes Ankommen. Genau das bietet Zeitwohnen: Statt nicht enden wollender Besichtigungsmarathons gibt es klare Prozesse und transparente Konditionen. Die Wohnungen sind direkt bezugsfertig, digital und ohne Hürden buchbar. 

Die vollständige Wohnungsausstattung, Strom, Heizung, GEZ und Internet wird über den vereinbarten Zeitraum direkt mit gemietet. So müssen keine separaten Verträge mit den verschiedenen Anbietern abgeschlossen werden, was das Ankommen zusätzlich erleichtert. Die Inklusivmiete enthält bereits alle wesentlichen Kosten zum tatsächlichen Wohnen. Nach Abzug dieser Posten liegt die effektive Nettokaltmiete meist im Rahmen der ortsüblichen Vergleichswerte.

Teil einer funktionierenden Stadt
Rund 50 Prozent der Zeitwohnenden bleiben zwischen drei und sechs Monaten, ein Drittel sogar länger. Sie melden sich an, zahlen Steuern und leben in der Nachbarschaft. Sie sind Teil des urbanen Lebens. Zeitwohnen macht Wohnraum nutzbar, der sonst leer stehen würde, zum Beispiel zwischen zwei Mietverhältnissen oder bei Auslandsaufenthalten von Eigentümern. Ohne zusätzlichen Bauaufwand, ohne Leerstan, und gleichzeitig nachhaltig sowie effizient. Das entlastet Städte und reguläre Mietmärkte.

Besonders in Krisenzeiten zeigt Zeitwohnen seine Stärke. Im Projekt “Helfende Wände”, initiiert von Wunderflats, ProjectTogether und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, fanden Geflüchtete aus der Ukraine über eine digitale Plattform rasch und unbürokratisch Wohnraum - rechtssicher, diskriminierungsfrei und zu fairen Konditionen.
Ein Beispiel dafür, wie Zeitwohnen nicht nur individuell hilft, sondern gesellschaftliche Resilienz schafft.

Ein Rahmen, der wirkt
Klar ist aber auch: Zeitwohnen braucht Regeln und vor allem Transparenz. Eine klare rechtliche Abgrenzung zur touristischen Ferienvermietung wäre ein wichtiger Schritt. Idealerweise durch spezifische Regelungen im BGB. Mit Kriterien wie Wohnsitzmeldepflicht und einem qualifizierten Anlass wie Beruf, Studium oder eine persönliche Not- bzw. Ausnahmesituation. 

Eine gesetzliche Regelung würde dieser Wohnform den Rahmen geben, den sie verdient. Sie würde Vertrauen und Rechtssicherheit für Mietende und Vermietende schaffen und für Planungssicherheit sorgen. Ohne pauschale Verbote.

Raum schaffen für das, was möglich ist
Öffentlichen Fördermittel könnten gezielt genutzt werden, um temporär nutzbaren Wohnraum zu aktivieren. Etwa durch Programme zur Mobilisierung leerstehender Wohnungen oder zeitlich befristete Fördermodelle analog zum sozialen Wohnungsbau. So ließen sich Engpässe kurzfristig entschärfen, ohne neue Flächen zu verbauen und mit Perspektive für langfristige Entlastung.

Zeitwohnen ist gelebte Realität
Zeitwohnen ist die logische Antwort auf eine immer mobiler werdende Gesellschaft, in der Biografien vielfältiger, Arbeitsmodelle flexibler und Übergänge häufiger werden. Es öffnet Türen für Menschen und die Gesellschaft. Denn Zeitwohnen demokratisiert den Zugang zu Wohnraum, unabhängig von Herkunft, Sprache oder Netzwerk.
Was es jetzt braucht, ist ein Perspektivwechsel: Mehr Vertrauen in das, was funktioniert. Und den politischen Willen, es möglich zu machen.

Es ist Zeit, Zeitwohnen als Teil der Lösung zu gestalten.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Wunderflats GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, Juli 2025

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