15.11.2023

Die nationale Messe

Wie interessant ist Deutschlands Immobilienmarkt für internationale Investoren?

Einar Skjerven, Geschäftsführer, Skjerven Group GmbH
Einar Skjerven

Deutschland ist im Krisenmodus. Als einzige der großen Volkswirtschaften in Europa verzeichnet das Land in diesem Jahr ein negatives Wirtschaftswachstum. Die Inflation ist noch immer auf einem hohen Niveau, die Zinsen, Rohstoff- und Energiepreise sowie Arbeitskosten steigen und es mangelt an Fachkräften.

Bei der Immobilienmesse in Expo Real in München war man vor allem auf diese gegenwärtige Problemlage fokussiert und beschäftigte sich überwiegend mit den Symptomen der der Krise: mit den Insolvenzen der Projektentwickler und dem rückläufigen Wohnungsbau. Entsprechend haben Makler und Investmentmanager das laufende und die ersten Monate des kommenden Jahres bereits abgehakt. Zugleich zeigt sich die Hoffnung, dass die Transaktionsmärkte in absehbarer Zeit auch wieder anspringen werden. Survive-to-25 lautete das inoffizielle Motto dieser von nationalen Themen beherrschten Messe.

Internationale Themen und ausländische Unternehmen waren dagegen in München weniger sichtbar. 2023 waren zwar 36 Nationen auf der Expo vertreten. 2019 waren es aber schon mal 44 und anders als in den vergangenen Jahren war das Geschehen an den internationalen Gemeinschafsständen in diesem Jahr nicht Gegenstand der Abschlusspresseerklärung. Ob der in diesen Zahlen sichtbare Trend zur Nationalisierung von Europas größter Immobilienmesse weiter anhält, bleibt abzuwarten.

In die umgekehrte Richtung weist eine Branchenumfrage von E&Y von Anfang des Jahres. Demnach ist der Anteil derjenigen internationalen Unternehmen, die Deutschland als attraktiven Investitionsstandort sehen, von 42 auf 62 Prozent gestiegen. Und tatsächlich konnte man auf der Messe viele Gespräche mit ausländischen Kaufinteressenten führen.

Insbesondere Wohnimmobilien in den Ballungsräumen von Berlin bis München stehen als nicht substituierbares Krisenprodukt bei den großen Kapitalsammelstellen auf dem Einkaufszettel. Während nationale Player ausgesprochen zurückhaltend agieren, geht kaum ein internationaler Akteur von einem dauernden Niedergang Deutschlands und einer nachlassenden Wohnungsnachfrage aus. Im Gegenteil: Die fortschreitende Urbanisierung und der geringe Neubau gelten als Voraussetzungen für eine langfristige Einnahmesicherheit und weiter steigende Mieten.

Hindernisse für einen zeitnahen Markteintritt sind vor allem die immer noch zu hohen Preisvorstellungen auf der Verkäuferseite sowie die Unsicherheit bezüglich von Inflation und Zinsentwicklung. Sollte es hier zu einer Stabilisierung kommen, wird sich dies umgehend bei den Transaktionsvolumina bemerkbar machen. Denn auch, wenn Staatsanleihen inzwischen mit mehr als vier Prozent verzinst werden, sind sie bei der aktuellen Inflation keine auskömmliche Anlagealternative. Investoren wünschen sich auch weiterhin Assets, die neben einem stabilen Cashflow auch eine Wertsteigerung bieten, die die Geldentwertung kompensiert. Und hier bieten Wohnungen in Deutschland oft gute Perspektiven.

Ob das Potenzial tatsächlich realisiert wird, kann sich schon im nächsten Jahr zeigen.  

 

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Skjerven Group
Erstveröffentlichung: REACT News, Oktober 2023

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