24.06.2025

Digitale Gewerbemietverträge

Ein wichtiger Schritt zu mehr Effizienz trotz rechtlicher Unklarheiten

Alexandre Casanova, Director Legal Real Estate Germany, Covivio Office Holding GmbH
Volker Mergener, Partner, Dentons Europe LLP Berlin
Alexandre Casanova

Gewerbliche Mietverträge können seit 1. Januar 2025 auch in digitaler Form rechtswirksam abgeschlossen werden. Das vierte Bürokratieentlastungsgesetz ermöglicht es, dass das bisherige Schriftformerfordernis entfällt. Für den Vertragsabschluss genügt damit eine einfache digitale Signatur, z.B. mithilfe einer Signatur-Software.  

Insbesondere für Vermieter:innen bietet die Neuregelung zahlreiche Vorteile, auch aus ökologischen Gesichtspunkten. Durch den digitalen Vertragsabschluss können sie ihre Prozesse beschleunigen, ihren Mieter:innen einen besseren Service bieten und große Papiermengen einsparen – vor allem bei Verträgen mit umfangreichen Anlagen. Unternehmen wie Covivio haben die Chancen frühzeitig erkannt und ihre internen Abläufe an die neue Gesetzeslage angepasst. So wurden beispielsweise Standardverträge überarbeitet, verbindliche Signaturregelungen eingeführt und die Belegschaft im Umgang mit digitalen Signaturen umfassend geschult. Dabei zeigte sich: Nicht die Technologie selbst stellt das Risiko dar, sondern der menschliche Umgang mit ihr – besonders im hektischen Tagesgeschäft.  

Rechtliche Unsicherheiten bei der Anwendung der Textform 

Covivio setzt auf regelmäßige interne Schulungen und klar ausformulierte Vertragsklauseln flankiert durch E-Mail-Disclaimer, formale Kompetenzregelungen und strukturierte Genehmigungsprozesse. Denn die Rechtslage bleibt in vielen Punkten noch unklar: Die genaue Auslegung der neuen Textform ist noch nicht höchstrichterlich definiert, wodurch das Risiko formunwirksamer Vertragsänderungen oder sogar unbeabsichtigter Vertragsschlüsse steigt. So ist beispielsweise noch nicht abschließend geklärt, ob bzw. in welcher genauen Ausgestaltung ein reiner E-Mail-Wechsel oder auch Textnachrichten via SMS oder Messengerdiensten als vollständige „Urkunde“ und somit Vertragsabschluss gelten. Solche Unsicherheiten können dazu führen, dass Vertragsänderungen später doch angreifbar sind bzw. ein Vertrag nicht wirksam zustande gekommen ist.  

Auch wenn die Schriftform entfällt, bleibt das Risiko einer Kündbarkeit wegen Formfehlern damit bestehen. In der Praxis könnten sich viele frühere Schriftformprobleme als Textformprobleme fortsetzen. Noch ist unklar, welche genauen Anforderungen an die Gestaltung der Vertragsdokumente tatsächlich gelten. 

Übergangsfrist bei bestehenden Mietverträgen beachten 

Bei bestehenden Mietverträgen, die vor dem 1. Januar 2025 geschlossen wurden, gilt hinsichtlich der Formanforderungen eine Übergangsfrist von einem Jahr. Während dieser Übergangsfrist können alte – also am 01. Januar 2025 bereits bestehende Mietverträge – die zwar den Erfordernissen der Textform entsprechen, aber nicht den Erfordernissen der gesetzlichen Schriftform entsprechen, noch wegen eines Schriftformmangels vorzeitig gekündigt werden. Wird jedoch ein solcher alter Mietvertrag in einem Nachtrag geändert, dann gilt für den Abschluss des Nachtrages die neue Textform. Mit Abschluss des Nachtrages sind etwaige Schriftformmängel, die nicht gleichzeitig einen Textformmangel darstellen, geheilt. 

Ein Risiko besteht jedoch insofern, als häufig in Mietverträgen die Wirksamkeit von Änderungen davon abhängig gemacht wurde, dass die Änderungen unter Einhaltung der Schriftform umgesetzt werden. Dieses Erfordernis würde bei einem in Textform abgeschlossenen Nachtrag dann nicht eingehalten. Um hier kein Risiko einzugehen, empfiehlt sich in solchen Fällen zunächst ein klassischer Nachtrag in Schriftform, der die Umstellung auf Textform ausdrücklich vereinbart. Erst danach sollten weitere Vertragsänderungen digital erfolgen, damit die Formanforderungen auch bei älteren Verträgen verlässlich erfüllt sind. 

Gesetzgeber muss eindeutige Rahmenbedingungen schaffen 

Die Digitalisierung des Mietrechts ist ein richtiger und notwendiger Schritt, um Prozesse zu vereinfachen und Ressourcen einzusparen. Doch solange wichtige juristische Fragen ungeklärt bleiben – etwa zur Auslegung der Anforderungen an die Textform und der Einheitlichkeit der Urkunde, insbesondere im Umgang mit E-Mail-Korrespondenzen – benötigen Vermieter:innen weiterhin eine genaue Kenntnis der Rechtslage und eine besondere Sorgfalt bei der Vertragserstellung, um immer den sichersten Weg bei einer Vertragsänderung zu gehen.  

Um im Zusammenhang mit den Anforderungen an die Textform mehr rechtliche Klarheit zu schaffen, ist der Gesetzgeber gefordert, eindeutige Rahmenbedingungen zu schaffen – speziell zu den Anforderungen an die Textform. Bis dahin ist aber zu empfehlen, Mietverträge in einer einheitlichen Urkunde, die digital signiert wird zu erstellen und diese per E-Mail zu übersenden. Natürlich ist es auch weiterhin möglich, Mietverträge unter Einhaltung der gesetzlichen Schriftform – also im Original von beiden Parteien unterzeichnet – abzuschließen. 

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Covivio Office Holding GmbH & Dentons Europe LLP Berlin
Erstveröffentlichung: The Property Post, Juni 2025

Konversation wird geladen