11.09.2025

Kaum bekannt, zunehmend gefragt

Inhaberschuldverschreibungen bei Immobilieninvestments

Fritz Roth, Geschäftsführer, Praeclarus Gruppe
Fritz Roth

Inhaberschuldverschreibungen sind in der Unternehmensfinanzierung längst etabliert: International agierende Konzerne oder mittelständische Marktführer nutzen sie seit Jahren, um Kapital aufzunehmen. In der Immobilienwirtschaft hingegen fristen Inhaberschuldverschreibungen bislang eher ein Nischendasein. Doch angesichts der aktuellen Marktbedingungen mit gestiegenen Zinsen und restriktiverer Kreditvergabe durch Banken rücken sie als Instrument der Kapitalbeschaffung einerseits und als Investmentmöglichkeit für institutionelle Investoren andererseits zunehmend in den Fokus. 

Flexible Struktur, feste Zusagen 
Aber was verbirgt sich hinter diesem Instrument? Im Kern handelt es sich bei Inhaberschuldverschreibungen um ein festverzinsliches Wertpapier, das Investoren unkompliziert in bestehende Wertpapierdepots aufnehmen können. 

Im Finanzierungsmix tritt die Inhaberschuldverschreibung typischerweise als zweite Fremdkapitalkomponente auf: nach dem Senior Loan der Bank, aber noch vor dem Eigenkapital. Bilanzrechtlich handelt es sich somit um Fremdkapital, häufig in Form einer qualifiziert-nachrangigen Tranche. Der Vorteil für Investoren: Sie erhalten einen festen Zahlungsanspruch, der sich – anders als bei Eigenkapital – durch vertraglich geregelte Zins- und Tilgungsvereinbarungen absichern lässt und üblicherweise ein- bis zweimal im Jahr bedient wird. 

Ein weiterer Vorteil: Die Konstruktion ist äußerst flexibel. Neben den klassischen Festverzinsungen lassen sich auch variable Komponenten integrieren, die beispielsweise erfolgs- oder umsatzabhängig sein können. Dieser variable Teil wird in der Regel einmal jährlich ausgeschüttet. Die Inhaberschuldverschreibung bietet also eine enorme Gestaltungsfreiheit und kann auf das jeweilige Immobilienprojekt und die individuellen Anforderungen der Investoren zugeschnitten werden. 

Die Laufzeiten von Inhaberschuldverschreibungen betragen bei Immobilieninvestitionen in der Regel fünf bis zehn Jahre. Sie orientieren sich damit an den banküblichen Finanzierungszeiträumen und sorgen dafür, dass die Stabilität der Gesamtfinanzierung während der gesamten Haltedauer gewährleistet bleibt. 

Handelbar – mit und ohne Börse 
Auch die Form der Emission bietet Vorteile für institutionelle Investoren. Inhaberschuldverschreibungen können sowohl börsennotiert als auch nicht-börsennotiert ausgegeben werden. Nicht-börsennotierte Inhaberschuldverschreibungen lassen sich schneller und kostengünstiger umsetzen, da sie keine Börsenzulassung erfordern. Sie eignen sich insbesondere für Investoren, die Wert auf eine diskrete Abwicklung und geringere Transaktionskosten legen. Der Handel erfolgt hier im Rahmen von sogenannten OTC-Transaktionen („Over the Counter“), bei denen eine Gegenpartei gefunden und ein individueller Preis ausgehandelt werden muss. Börsennotierte Inhaberschuldverschreibungen wiederum sind mit einem höheren regulatorischen Aufwand verbunden, etwa durch Prospektpflichten und Zulassungsverfahren. Im Gegenzug sind sie jedoch leichter handelbar, denn Anleger können ihre Positionen jederzeit über die Börse verkaufen. 

Zudem können Inhaberschuldverschreibungen im Rahmen größerer Transaktionen auch über eine sogenannte Dachstruktur emittiert werden. Dabei werden mehrere Inhaberschuldverschreibungen in einem übergeordneten Vehikel gebündelt, sodass eine effizientere Platzierung am Kapitalmarkt möglich ist. Bei Dachanleihen besteht außerdem die Möglichkeit, ein Rating einzuholen und Ausfallrisiko sowie Rückzahlungsfähigkeit zu bewerten. Das bietet institutionellen Investoren eine zusätzliche, externe Zweitprüfung. Das Rating wird in der Regel jährlich überprüft und kann damit ein wertvolles Instrument im Risikomanagement sein. 

Finanzierungsbaustein mit Potenzial
Gleichzeitig ist klar: Die Inhaberschuldverschreibung hat als nachrangiges Fremdkapital eine höhere Ausfallwahrscheinlichkeit. Sie wird im Zweifel erst nach der Bank bedient, und bei Wertverlusten – etwa durch Leerstand oder sinkende Marktpreise – können Anleger Teile ihres Kapitals verlieren. Wer in dieses Instrument investiert, muss also bereit sein, ein erhöhtes Risiko zu tragen. Im Gegenzug erwartet ihn eine entsprechend höhere Verzinsung. Typische Aufschläge gegenüber der Bankfinanzierung liegen bei 50 bis 100 Basispunkten. Damit richtet sich die Inhaberschuldverschreibung insbesondere an professionelle Investoren mit Ausschüttungsinteresse und gutem Risikomanagement. Dabei gilt: Wer ausschließlich auf maximale Wertsteigerung durch Verkauf setzt, wird sich mit diesem Instrument eher schwertun. Wer hingegen stabile Ausschüttungen sucht, findet hier einen geeigneten, auch im Risikomanagement gut steuerbaren Baustein für sein Portfolio. 

Die Inhaberschuldverschreibung in der Praxis
Wie ein solches Investment konkret aussehen kann, zeigt ein Beispiel aus einem der Top-7-Bürostandorte in Deutschland. Investiert wurde in ein Büroobjekt in Stadtrandlage. Die Liegenschaft, ein typischer Verwaltungsbau aus den frühen 1980er-Jahren, war lange Zeit im Bestand einer großen deutschen Fondsgesellschaft. Zuletzt stand das Objekt vollständig leer und war stark sanierungsbedürftig. 

Die Immobilie liegt in einem ehemals industriell geprägten Gebiet, das sich im Zuge des Strukturwandels zu einem vielseitig genutzten Gewerbequartier wandelt und eine langfristige Entwicklungsperspektive bietet – typisch für viele deutsche Städte mit vergleichbarer Industriegeschichte. Ein Entwickler, der bereits ähnliche Revitalisierungsprojekte erfolgreich umgesetzt hatte, sicherte sich das Objekt und plante die Reaktivierung über ein modernes Nutzungskonzept mit Shared Offices, flexiblen Flächen und Dachgarten, ergänzt durch soziale Infrastruktur in Form einer Kindertagesstätte im Erdgeschoss. 

Praeclarus übernahm die Strukturierung der Finanzierung sowie die laufende Betreuung für den institutionellen Investor. Die Gesamtinvestition lag bei rund 20 Millionen Euro. Etwa die Hälfte stellte eine Bank über ein klassisches Darlehen mit zehnjähriger Laufzeit bereit. Die restlichen zehn Millionen Euro wurden durch zwei weitere Kapitalbausteine abgedeckt: Fünf Millionen flossen über eine festverzinsliche, nachrangige Inhaberschuldverschreibung mit zusätzlicher erfolgsabhängiger Komponente in das Projekt. Weitere fünf Millionen wurden über Genussscheine eingebracht, die als Eigenkapital wirkten und einen Puffer innerhalb der Gesamtfinanzierung bildeten.  

Das Investment folgt einem langfristigen Buy-and-Hold-Ansatz mit Fokus auf stabilen Erträgen und Werterhalt. Die Inhaberschuldverschreibung bietet eine feste jährliche Verzinsung zwischen vier und fünf Prozent, ergänzt um eine erfolgsabhängige Komponente. Nach Abzug von Struktur- und Verwaltungskosten ergibt sich eine jährliche Netto-Ausschüttung von rund 3,5 bis vier Prozent. Zum Laufzeitende ist zudem die vollständige Rückführung des eingesetzten Kapitals geplant. Die Inhaberschuldverschreibung ist – wie auch das Bankdarlehen – auf zehn Jahre ausgelegt. Gegen Ende der Laufzeit prüft Praeclarus  gemeinsam mit Bank und Investor, ob eine Prolongation sinnvoll ist oder ein Verkauf des Objekts erfolgt. 

Fazit 
Die Inhaberschuldverschreibung ist bei institutionellen Immobilieninvestments bislang noch kein Standardinstrument – doch das dürfte sich ändern. Gerade in einem Marktumfeld, in dem institutionelle Investoren zunehmend Wert auf hohe Gestaltbarkeit, planbare Ausschüttungen und attraktive Renditen legen, rücken diese Vorteile des Instruments stärker in den Fokus.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Preclarus Gruppe
Erstveröffentlichung: Intelligent Investors 03/2025, 11.09.2025

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