01.09.2025

Bauchgefühl war gestern

Warum Portfoliostrategien ohne belastbare Daten nicht zukunftsfähig sind

Denis Herold, Solution Sales Manager, CalCon Deutschland GmbH
Denis Herold

Wenn Sie ein gebrauchtes Auto kaufen wollen, verlassen Sie sich vermutlich nicht nur auf den äußeren Eindruck und die Angaben des Verkäufers. Sie schauen ins Serviceheft, prüfen Kilometerstand, Baujahr und Ausstattung, machen eine Probefahrt, und lassen den Wagen im Zweifelsfall begutachten. Warum? Weil Sie wissen möchten, worauf Sie sich einlassen. Schließlich kann das, was auf den ersten Blick gut aussieht, im Unterhalt schnell teuer werden. 

Wenn es um Immobilienportfolios geht, wird auf ein solches Maß an Transparenz allerdings oft verzichtet. Entscheidungen über Sanierungsbudgets, Haltestrategien und Desinvestitionen beruhen stattdessen häufig auf Erfahrungswerten, allgemeinen Energiekennzahlen oder punktuellen Bewertungen. Eine systematische, objektive Datenbasis zur baulichen Substanz, technischen Ausstattung oder zum tatsächlichen Investitionsbedarf fehlt – oder ist so lückenhaft, dass sie kaum als Entscheidungsgrundlage taugt. Dabei entscheidet gerade sie über die Rentabilität von Maßnahmen.

Daten schaffen die Voraussetzung für echte Steuerung
Nachhaltiges Portfoliomanagement steht und fällt also mit der Frage, wie gut wir unser Portfolio kennen. Denn wer lediglich auf sein Bauchgefühl zurückgreifen kann, hat keinen belastbaren Überblick über die technische und wirtschaftliche Realität seiner Objekte. Hinzu kommt, dass heute jede Immobilie hinsichtlich ihrer Zukunftsfähigkeit und Entwicklungsoptionen bewertbar sein muss. Dafür reicht ein Blick auf den Status quo nicht aus. Gefragt sind Szenarien: Wie entwickelt sich der Zustand eines Gebäudes in fünf, zehn oder fünfzehn Jahren? Wie wirken sich bestimmte Maßnahmen auf die CO₂-Bilanz aus?
Erst datenbasierte Modelle und Analysen liefern Antworten auf solche Fragen. Sie zeigen auf, welche Investitionen sich lohnen, wo Handlungsbedarf besteht und wo ein kontrollierter Rückzug sinnvoll sein kann. Das Ziel: Wertsteigerung und Risikominimierung durch vorausschauende, fundierte Entscheidungen.

Drei Schritte zur datenbasierten Portfolioentwicklung
Die Vorteile liegen somit klar auf der Hand. Warum also wird in der Praxis dennoch auf datenbasierte Entscheidungen verzichtet? Verlässliche Daten sind einfach nach wie vor Mangelware. Oft fehlt es für die Sammlung und Analyse der notwendigen Informationen schlichtweg an Kapazitäten. Der Aufbau einer validen Entscheidungsgrundlage für das Portfolio muss jedoch kein Mammutprojekt sein. Ausschlaggebend ist, zielorientiert vorzugehen:
1.    Substanz verstehen
Der erste Schritt besteht in der strukturierten Erfassung relevanter Gebäudedaten. Dabei geht es nicht um vollständige Digitalisierung bis auf die letzte Schraube, sondern um fokussierte Informationen zum baulichen und energetischen Zustand, zur Technik und zum Modernisierungsgrad. Besonders effizient ist es, sich bei der Datenerhebung am Pareto-Prinzip zu orientieren. Sich also auf die 20 Prozent der Bauteile zu konzentrieren, die 80 Prozent der Kosten beeinflussen.

2.    Ziele definieren
Zukunftsfähigkeit bedeutet für jedes Portfolio etwas anderes: niedrigere Investitionsrisiken, höhere Verwertbarkeit oder reduzierte CO₂-Emissionen. Nur mit klaren Zielbildern lässt sich eine relevante Datengrundlage aufbauen und verhindern, dass unnötige Informationen mühsam erhoben werden.

3.    Maßnahmen ableiten
Auf Basis valider Daten lassen sich realistische Maßnahmenpakete entwickeln, Investitionsbedarfe prognostizieren und Budgets strategisch planen. Der Effekt: nachvollziehbare, begründbare und wirtschaftlich tragfähige Entscheidungen. Nicht bloß im Einzelfall, sondern über das gesamte Portfolio hinweg.
Wer den Werterhalt seiner Immobilien sicherstellen will, kommt also an einer datenbasierten Strategie nicht vorbei. Daten helfen nämlich dabei, Transparenz zu schaffen, Risiken sichtbar zu machen und Chancen zu nutzen. Denn nur wer weiß, wo er steht und wo er hin möchte, kann die Entwicklung seines Portfolios wirtschaftlich und strategisch steuern. Der Weg zur Zukunftsfähigkeit beginnt allerdings keineswegs mit einem vollumfänglichen digitalen Zwilling, sondern mit einem pragmatischen ersten Schritt: dem Sammeln der wirklich wesentlichen Daten. 

Abbildung 1.jpgAbbildung 1: Nur anhand objektiver Informationen lässt sich gezielt in das Portfolio investieren, anstatt einfach mit der Gießkanne über den Bestand zu gehen.

 

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von CalCon Deutschland GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, September 2025

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