Zahl neuer European Long Term Investment Funds auf Rekordniveau
Der ELTIF-Markt nimmt Fahrt auf. Das Volumen der European Long Term Investment Funds hat im vergangenen Jahr um 38 Prozent zugelegt. Bis 2027 rechnet das Analysehaus Scope mit einer Verdreifachung des Volumens.
Im Jahr 2024 kamen 55 neue ELTIFs auf den Markt, so viel wie niemals zuvor. Seitdem die Regeln des überarbeiteten ELTIF-Regimes 2.0 feststehen, zeigen sich zunehmend auch große Immobilienunternehmen von den Vorteilen der Vehikel überzeugt, häufig allerdings mit anderen Assets. So sind beispielsweise die hohen Hürden beim Vertrieb gefallen. Mussten die Anleger früher mindestens 10.000 Euro investieren und das Zehnfache an freier Liquidität nachweisen, dürfen sie sich nun auch mit kleineren Summen beteiligen, ohne die Hosen in Sachen Vermögensaufteilung herunterzulassen.
Neu ist unter anderem auch, dass es die ELTIFs privaten Kapitalanlegern ermöglichen, in geschlossene Sondervermögen zu investieren. „Die Ausgestaltung der Sondervermögen unterlag in Deutschland bislang Restriktionen. Nach Paragraph 139 KAGB war sie in der geschlossenen Variante nur für Spezial-AIF und damit für semi- bzw. professionelle Anleger zulässig“, berichtet Rechtsanwalt Eric Romba von der Kanzlei OsborneClarke. Sondervermögen im Publikumsbereich dagegen durften lediglich als offene Fonds konzipiert werden. Die in der EU überarbeitete ELTIF-Verordnung überlagert nun diese nationalen Restriktionen - Europa sticht Deutschland. Dadurch können ELTIF auch als geschlossenes Sondervermögen in Form eines Publikums-AIF für Privatanleger aufgelegt werden.
Offene Strukturen beim ELTIF bevorzugt
Tatsächlich bevorzugen die Anbieter aber auch beim neuen ELTIF offene Strukturen. Unter anderem wegen fehlender Fungibilität und langen Laufzeiten sind die Umsätze bei geschlossenen Immobilienfonds gesunken. Das wollen die Initiatoren bei den ELTIF nicht wiederholen. Patrizia Grundinvest zum Beispiel, bislang der Emittent für geschlossene Publikums-AIF bei dem Immobilienunternehmen, hat seinen ersten ELTIF für private Kapitalanleger aufgelegt. Konzipiert nach Luxemburger Recht ist der „Patrizia Infrastructure Invest“ ein Fonds nach Artikel 8 mit unbegrenzter Laufzeit, der ökologische und soziale Aspekte bei der Auswahl seiner Assets berücksichtigt. „Mit unserem ersten ELTIF können wir unsere Infrastruktur-Expertise nun auch privaten und professionellen Anlegern zugänglich machen“, sagte Geschäftsführer Klaus Weber bei der Präsentation des ELTIF.
Damit unterscheidet sich der Fonds nicht grundlegend vom ersten ELTIF für Privatanleger, den Commerz Real schon im Oktober 2020 aufgelegt hat. Rund 20.000 Zeichner haben sich seitdem mit insgesamt 1,5 Milliarden Euro beteiligt. Das Portfolio umfasst inzwischen 45 Assets in sechs EU-Ländern, hauptsächlich verteilt auf Solaranlagen und Windparks. Bei der Platzierung hat zweifellos der Vertrieb über den Bankenschalter der Commerzbank geholfen.
Hep Global plant den Start seines ersten ELTIF für Anfang August. Thorsten Eitle, Gründer und CSO des Photovoltaik-Spezialisten, sieht ihn auch als Möglichkeit, neue Vertriebe zu erreichen: „Der Wechsel zum ELTIF 2.0 ist ein bewusster Schritt, um innovative Wege in der Kapitalbeschaffung zu gehen. Eine der zentralen Herausforderungen in der Finanzbranche ist der Nachwuchsmangel im Vertriebsbereich und in der Anlageberatung. Mit diesem neuen Ansatz wollen wir gezielt junge Vermittler ansprechen und für die Welt der Investments begeistern.“
Immobilien-Investments bleiben die Ausnahme
Ähnlich argumentiert auch Symon Hardy Godl, Chief Investment Officer bei der Deutsche Finance Group, eines der wenigen Unternehmen, das konkrete Pläne mit Immobilien verfolgt: „ELTIFs sind nach unserer Einschätzung nicht nur ein neues Vehikel, sondern ein wichtiger Schritt in Richtung zukunftsfähiger Investmentlösungen. Für Anleger schaffen sie einen klar regulierten Zugang zu langfristigen Immobilien- und Infrastrukturstrategien – kombiniert mit professionellem Management, hoher Transparenz und attraktiven Renditechancen.“
Dennoch bleibt auch der offene ELTIF 2.0 zunächst ein Versuch, langfristige Sachwerte-Investitionen liquide zu machen. Ist das Liquiditätspolster verbraucht, müssen die Asset-Manager Objekte verkaufen, um wieder flüssig zu werden. In Zeiten schwächelnder Märkte kann das kritisch werden – zumal die Anleger vor allem in Krisen Bares sehen wollen.
An dieser Stelle könnte die Fondsbörse Deutschland ins Spiel kommen. Sie handelt seit mehr als 20 Jahren Anteile an geschlossenen Publikumsfonds mit Immobilien, Schiffen, erneuerbaren Energien und ähnlichen illiquiden Assets für private Kapitalanleger und seit geraumer Zeit auch an offenen und geschlossenen Spezialfonds für institutionelle Investoren. Damit löst sie ein grundsätzliches Problem der Sachwertebranche: Die mangelnde Fungibilität der Kapitalanlagen. Derzeit prüft die Fondsbörse die Möglichkeiten, künftig auch Anteile an ELTIF zu handeln. Erfahrungen auf dem Erstmarkt sammelt das Team um Vorstand Alex Gadeberg schon seit einigen Jahren: „Wir haben die Online-Vertriebsstrecke für den ersten deutschen ELTIF mitkonzipiert.“
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von „Der Fondsbrief"
Erstveröffentlichung: The Property Post, Juli 2025