14.07.2025

Skalierbare Dekarbonisierung

Auch bei älteren Büros schnell und in großem Stil möglich

Nick Weickenmeier, Geschäftsführer, re-green GmbH
Nick Weickenmeier

Wie kann die Dekarbonisierung von älteren Büroimmobilien schnell und in großem Stil gelingen? re-green hat dafür eine skalierbare Lösung entwickelt. Der Kern: Die bisherige Heizung wird durch eine Wärmepumpe ergänzt. Parallel dazu wird eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert und die Immobilie wird über ein Energiemanagementsystem betrieben. Die Details erläutert Nick Weickenmeier, Geschäftsführer der re-green GmbH, und verantwortlich für die technische Umsetzung.

The Property Post: Welche Immobilien kommen für das re-green-Konzept in Frage?
Nick Weickenmeier:
Wir konzentrieren uns auf Büroimmobilien im Bestand – der Bedarf zur Dekarbonisierung ist hier neben der Wohnwirtschaft am größten. Konkret arbeiten wir mit Bürogebäuden ab Baujahr 1978, mit fossiler Heizung, einer Fläche ab 5.000 m² und meist mehreren Mietparteien (Multi-Tenant). 

TPP: Das re-green-Konzept setzt auf ein bivalentes System. Was ist damit gemeint?
NW:
Unsere Systeme kombinieren eine Wärmepumpe für die Grundlast mit dem bestehenden Heizkessel für die Spitzenlast – dieser wird nur noch an sehr kalten Tagen benötigt. Dadurch ersetzen wir nicht das ganze Heizsystem, sondern ergänzen es sinnvoll. Das reduziert die Investitionskosten deutlich und erlaubt eine schnelle Skalierung, da wir lediglich einen Einbindungspunkt brauchen. Ergänzend kommt noch eine Aufdach-Photovoltaikanlage und bei Bedarf EV-Ladesäulen hinzu. Damit sind unsere Immobilien zu ca. 90 Prozent dekarbonisiert.

TPP: Welche Herausforderungen begegnen Ihnen auf technischer Ebene?
NW:
Jede Immobilie ist ein Unikat – das ist die größte Herausforderung. Deshalb werden Sanierungslösungen im Bestand bislang fast ausschließlich über individuelle Einzellösungen realisiert – mit langen Abstimmungen, hohem Planungsaufwand und entsprechend hohen Kosten. 
Das löst aber das eigentliche Problem nicht: Wir brauchen einen skalierbaren, wirtschaftlich tragfähigen Ansatz, um die Dekarbonisierung in der Fläche umzusetzen. Deshalb setzen wir auf ein modulares System: Unser vorgefertigter Technikcontainer re-green ONE – bringt alle zentralen Komponenten bereits integriert auf die Baustelle. Damit minimieren wir den Aufwand und verkürzen die Umsetzungszeit erheblich. 

TPP: Wie sieht der re-green ONE im Detail aus?
NW:
Der re-green ONE ist ein vorgefertigter Technikcontainer, der Wärmepumpen, Pufferspeicher, Hydraulik, Steuerungstechnik und bei Bedarf sogar Ladeinfrastruktur enthält – komplett vormontiert und getestet. Vor Ort benötigen wir dadurch nur noch drei bis fünf Tage für Installation und Inbetriebnahme. Dieses Prinzip ist im Wohnbau inzwischen verbreitet – bei großen Büroimmobilien sind wir mit dem re-green ONE derzeit der einzige Anbieter.

TPP: Und wo liegen die größten Hürden bei der Umsetzung in der Praxis?
NW:
Platzmangel ist ein häufiges Problem – wir benötigen einen Außenstandort für den Container, auf dem Dach oder neben dem Gebäude. Auch die Integration in bestehende Heizsysteme ist anspruchsvoll, da wir nicht das komplette System ersetzen. Das spart Zeit und Kosten. Eine weitere Hürde ist es oftmals, dass die Bestandsdokumentation lückenhaft oder veraltet ist. Deshalb erfassen wir die relevanten Gebäudedaten selbst – mit Drohnen für das Dach und LiDAR-Scannern im Heizungskeller. 

TPP: Neben der Ergänzung der bisherigen Heizung spielt auch das Energiemanagementsystem eine zentrale Rolle. Können Sie das ausführen?
NW:
Unsere Anlagen werden über einen intelligenten, herstellerunabhängigen Controller gesteuert, der sämtliche Energieströme der Systemkomponenten effizient koordiniert. Ergänzt wird das durch eine Cloud-Plattform mit KI-basierter Regelungsoptimierung, über die wir unsere Systeme aus der Ferne überwachen und bei Bedarf eingreifen können. So lassen sich Wärmepumpen gezielt steuern, Solarstrom optimal nutzen und Lastspitzen wirkungsvoll abfangen – mit dem Ziel, die Eigenverbrauchsquote zu maximieren.

TPP: Welchen Einfluss haben diese Maßnahmen auf die Optimierung der Energieeffizienz der verbauten Anlagen?
NW:
Unsere intelligente Steuerung ermöglicht es, die Systeme im laufenden Betrieb kontinuierlich auf Effizienz zu optimieren – und zwar automatisiert und datenbasiert. Wir steuern den Einsatzzeitpunkt der Wärmepumpe last- und witterungsabhängig, maximieren den Eigenverbrauch des PV-Stroms und vermeiden unnötige Starts. Dadurch verlängern wir die Lebensdauer der Komponenten, verbessern die Laufzeiten und erhöhen die Jahresarbeitszahlen deutlich.

TPP: Welche Erkenntnisse gab es aus den ersten realisierten Projekten?
NW:
Die Wärmeseite können wir sehr schnell umsetzen – dort hat sich die Standardisierung unserer Planung bewährt. Bei der PV-Integration sind wir stark von den Prozessen der Netzbetreiber abhängig – ein großes Learning war es daher, den Netzanschlussvertrag für die PV-Anlage möglichst früh zu starten. Und: In der ersten Heizperiode zeigte sich außerdem, dass der Spitzenlastkessel häufiger als nötig einsprang. Wir haben unsere Regelung entsprechend angepasst und konnten so den regenerativen Anteil an der Wärmebereitstellung nochmal deutlich steigern. 

TPP: Sie verantworten bei re-green die technische Seite. Was bringen Sie an Erfahrung mit?
NW:
Ich bin Wirtschaftsingenieur und habe in den letzten 15 Jahren Energieprojekte in unterschiedlichsten Rollen begleitet – als Bauleiter, Projektleiter und zuletzt als Berater bei PwC. Mein Schwerpunkt lag dabei häufig auf der Gebäudetechnik, insbesondere im Bereich Wärme- und Automatisierungstechnik. Mit der Zeit wurde mir klar, dass ich nicht nur beraten, sondern die richtigen Technologien auch zum richtigen Zweck umsetzen möchte. Genau das tun wir mit re-green: Wir denken Dekarbonisierung nicht mehr als Einzelprojekt, sondern als skalierbare und wirtschaftlich tragfähige Lösung im Bestand.

 TPP: Herr Weickenmeier, vielen Dank für das Gespräch!

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von re-green GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, Juli 2025

Konversation wird geladen