Effekte einer höheren Staatsverschuldung für Fixed-Income- und Immobilienanleger
Um die Bundeswehr kampffähig zu machen und die Infrastruktur zu modernisieren, erhöht die neue Bundesregierung die Staatsverschuldung massiv. Davon profitieren Fixed-Income-Investoren durch steigende Bond- und Pfandbriefrenditen. Verlierer sind Immobilienanleger, denn die Finanzierungskosten steigen.
Es ist ein Paukenschlag, dessen Echo an den Finanzmärkten widerhallt. Deutschland, in der Vergangenheit der finanzielle Zuchtmeister Europas, wirft die Tugend der Sparsamkeit über Bord. Die wahrscheinlich neue Regierungskoalition aus Union und SPD legt mit Unterstützung der Grünen ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen zur Modernisierung der Infrastruktur auf und lockert die Schuldenbremse, um mit hunderten weiteren Milliarden die Bundeswehr fit für den Verteidigungsfall zu machen.
Fixed-Income-Investoren verleiht der über Nacht immens gestiegene Kapitalbedarf Deutschland die Macht, höhere Erträge bei Bundesanleihen zu reklamieren. Einen Tag bevor Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender und voraussichtlicher künftiger Bundeskanzler, das Vorhaben verkündet, rentieren deutsche Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit bei 2,49 Prozent, 24 Stunden später sind es 2,82 Prozent und noch einen Tag darauf 2,91 Prozent – ein Zuwachs von 16,9 Prozent.
Parallel dazu ziehen die Renditen von Pfandbriefen an. Sie seien in jener Woche „in den relevanten Laufzeiten um 35 bis 40 Basispunkte gestiegen“, sagt Carsten Dickhut, Bereichsleiter Kommunikation beim vdp Verband deutscher Pfandbriefbanken. Rentierten Pfandbriefe mit sieben- bis zehnjähriger Laufzeit zum Ende der Vorwoche noch im Schnitt bei 2,717 Prozent, sind es sieben Tage später 3,133 Prozent – ein Plus von 15,3 Prozent.
Banken sind damit gezwungen, bei der Ausgabe neuer Pfandbriefe Fixed-Income-Investoren höhere Erträge zu gewähren – und müssen daher ihrerseits die Zinsen für Immobilienfinanzierungen anheben. Für Großanleger mit hohem Fremdkapitalbedarf, wie Investoren, die auf Wind- und Solarparks oder Liegenschaften setzen, haben sich die Rahmenbedingungen verschlechtert.
Mit 2,49 Billionen Euro beziffert das Statistische Bundesamt die Gesamtverschuldung von Bund, Ländern und Kommunen. Nun kommt mehr als eine halbe Billion Euro hinzu. Im internationalen Vergleich bleibt Deutschland dennoch ein Schuldenzwerg. Die Staatsverbindlichkeiten steigen von 62,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf mindestens 74,9 Prozent. Frankreich steht mit 113,8 Prozent des BIPs in der Kreide, die USA mit 124 Prozent, Japan mit 216,3 Prozent.
Was Union und SPD veranlasst, Deutschlands Staatsverschuldung um mehr als 20 Prozent anzuheben, ist die Abkehr neuen US-Regierung unter dem wiedergewählten Präsidenten Donald Trump von ihren westlichen Verbündeten. Trump droht NATO-Mitglied Dänemark mit der Besetzung Grönlands, verkündet, er werde Kanada zum 51. Bundesstaat der USA machen. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth lässt seinen NATO-Kollegen in Brüssel wissen, die USA wollten ihre 78.000 Soldaten aus Europa, davon 35.000 in Deutschland, abziehen.
Den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bezeichnet Trump als „Diktator“. Im Oval Office wird der Regierungschef des seit drei Jahren im Abwehrkrieg gegen Russland stehenden osteuropäischen Landes von Trump und seinem Stellvertreter James David „JD“ Vance vor laufenden TV-Kameras massiv angegangen, die Militärhilfe für die Ukraine vorübergehend eingestellt.
„Deutschland und Europa müssen jetzt massiv in die eigene Verteidigungsfähigkeit investieren“, sagt Friedrich Merz, CDU-Chef und voraussichtlicher künftiger Kanzler. „Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent muss jetzt für unsere Verteidigung gelten: whatever it takes.“
Zudem bricht Trump, wie in seiner ersten Amtszeit, Handelskriege vom Zaun, erhöht die Zölle auf Importe aus der EU, Japan, Südkorea, Kanada und Mexiko. „Die Risiken für den globalen wirtschaftlichen Ausblick übertreffen die Chancen“, analysiert Michael Menhart, Chefökonom von Munich Re. „Ein schwächerer Welthandel und eine geringere internationale Integration werden sich negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken und inflationserhöhend wirken.“
Hält Trump an seiner Zollpolitik fest, könnte „die Inflation wieder angefacht werden“, warnt auch Bundesbank-Präsident Joachim Nagel. Zunächst in den USA, wo Konsumenten höhere Preise für Importwaren zahlen müssen. Danach auch in der Eurozone. Zieht die Teuerung in den USA wieder signifikant an, wäre die Federal Reserve Bank gezwungen, den Leitzins wieder anzuheben. In diesem Fall, „wäre es wahrscheinlich, dass die EZB dieser Zinspolitik folgt“, prognostiziert Francesco Fedele, CEO des Immobilienfinanzierungsspezialisten BF.direkt. „Zumal US-amerikanische Strafzölle auch hierzulande die Inflation anheizen werden.“
Der Grund: Leitzinserhöhungen in den USA würden den US-Dollar gegen den Euro aufwerten lassen. Das würde fast alle in die EU importierten Rohstoffe – von Öl, Gas, Bauxit, Kupfer und seltenen Erden bis hin zu Kaffee und Tee – verteuern, da diese Ressourcen an den internationalen Märkten in US-Dollar gehandelt werden. Um eine Wiederkehr der Inflation zu verhindern, müsste die EZB ebenfalls die Zinsschraube fester ziehen.
Im März hat die EZB zwar den Leitzins nochmals um 25 Basispunkte auf 2,5 Prozent gesenkt. Doch das könnte der vorerst letzte Schritt nach unten gewesen sein. „Wir nähern uns dem Punkt, an dem wir mit unseren Zinssenkungen pausieren oder stoppen müssen“, stimmt EZB-Direktorin Isabel Schnabel die Kapitalmärkte auf eine Zinswende ein. Die EZB sei „äußerst wachsam“, sagt deren Präsidentin Christine Lagarde Tage später.
„Gründlich bekämpft wurde die Inflation im Euroraum bislang nicht – die Rate blieb fast durchweg über dem Zielwert von zwei Prozent“, sagt BF.direkt-CEO Fedele. Im Februar sind es in der Eurozone 2,4 Prozent. An den Börsen wird Schnabels Warnung gehört. Investoren trennen sich noch am selben Tag von Immobilienwerten. Die Aktie von Vonovia verliert 2,3 Prozent, die der LEG Immobilien 2,2 Prozent.
Daniel Bleiberg, Senior Economist der Deutschen Pfandbriefbank, sieht für „die Finanzierungskosten wenig Spielraum, weiter abzusinken“. Er vermutet aber, dass Trump die Zölle nicht so stark anheben wird, dass „es zu einem dramatischen Anstieg der Inflation in den USA kommt“.
Auch Prof. Dr. Felix Schindler, Head of Research & Strategy beim Hamburger Immobilienanlage-Manager HIH Invest Real Estate, rät zur Gelassenheit „Zollankündigungen dürften auch als Verhandlungsmasse genutzt werden.“
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Richard Haimann
Erstveröffentlichung: The Property Post, Mai 2025