KI verändert die Steuerberatung. Warum davon Mandanten und Berater gleichermaßen profitieren.
Künstliche Intelligenz (KI) durchdringt die Steuerberatung. Es gibt erste Anwendungen, die vor allem zu einer Entlastung von Routinearbeiten führen, wie das automatisierte Sammeln und Zuordnen von Buchhaltungsbelegen, die in unterschiedlichen Dateiformaten vorliegen und aus unterschiedlichen Software-Anwendungen stammen. Das spart Zeit und minimiert die Fehleranfälligkeit. Werden repetitive Aufgaben zusehends automatisiert, bleibt mehr Zeit für die Beratung der Mandanten. Das ist schließlich das wesentliche Arbeitsfeld der Steuerberater.
Aber nicht nur auf Seiten der Steuerberater nimmt KI immer mehr Fahrt auf, auch die meisten Mandanten digitalisieren und automatisieren gerade ihre Prozesse. Ein relevanter Treiber ist hierbei die E-Rechnung. Bis Ende 2026 gibt es noch Ausnahmeregeln. Aber ab 2027 müssen fast alle Unternehmen im B2B-Bereich E-Rechnungen ausstellen und empfangen können. Diese können automatisiert verarbeitet werden und vereinfachen damit den Austausch und das Analysieren der Rechnungsdaten.
Pilotprojekt in Kassel: Finanzamt schlägt Festsetzung der Einkommenssteuer vor
Die ersten Früchte der Automatisierung lassen sich bereits bei der Erstellung von Einkommenssteuererklärungen ernten. Schon heute können viele Datenfelder in den Einkommensteuererklärungen per Datenabruf vorausgefüllt werden, weil sie vorab aufgrund gesetzlicher Meldepflichten an die zuständige Steuerverwaltung übertragen werden. Das sind zum Beispiel Angaben zu Gehalt, Rente und Versicherungen.
Das Finanzamt Kassel geht einen Schritt weiter und startete ein Pilotprojekt für die Einkommenssteuer 2024 mit dem Slogan: „Die Steuer macht jetzt das Amt!“. Einige tausend ausgewählte Bürgerinnen und Bürger erhalten vom Finanzamt Kassel einen Vorschlag zur Festsetzung ihrer Einkommenssteuer. Sie müssen diesen nur noch prüfen. Melden sie sich innerhalb einer vierwöchigen Frist nicht zurück, gilt der Vorschlag als akzeptiert. Auf Basis dieser Empfehlung ergeht dann der Steuerbescheid. Nur wenn sie Änderungen wünschen, müssen sie sich an das Finanzamt wenden und beispielsweise zusätzliche Belege einreichen.
Die Finanzbehörden versetzt dies in die Lage, ihre Ressourcen in komplexe Steuerfälle zu allokieren, um sich beispielsweise intensiver um Betriebsprüfungen zu kümmern.
KI kann steuerliche Optimierungen vorschlagen und Modelle berechnen
Weitere KI-Einsatzgebiete sind naheliegend. KI ist bekanntlich sehr gut darin, große Datenmengen zu verarbeiten, Analysen zu erstellen und Prognosen zu treffen. Für die Steuerberatung bedeutet dies, dass sich beim KI-gestützten Auswerten historischer Daten eines Mandanten und dem Abgleich mit aktuellen Steuerrechtsurteilen und Fachveröffentlichungen in Sekundenschnelle aktualisierte Optimierungen und Steuerberechnungen ableiten lassen. Das sind wichtige Informationen für Aufsichtsgremien und Gesellschafterversammlungen der Unternehmen.
Außerdem kann die KI durch das Auswerten von Finanzdaten steuerliche Optimierungen vorschlagen oder Modelle entwickeln, wie sich Änderungen bestimmter Gesetzgebungsinitiativen auf die spätere Steuerlast auswirken. Das sorgt für Transparenz und verbessert die Planbarkeit von Investitionen.
Die innovative Technik ist zudem in der Lage, Steueranmeldung und -erklärung zu analysieren, mit Strukturierungsmemos abzugleichen, Fehler zu erkennen und gegebenenfalls automatisch zu korrigieren.
KI im Fondsbereich: Unterstützung bei Fund Performance und Reportingpflichten
KI kann zudem aufzeigen, wie Steuern und steuerliche Änderungen die Performance von Fonds beeinflussen – je nach Anlageklasse, Anlegergruppe und Struktur. Sie spielt steuerliche Szenarien durch und zeigt deren Wirkung auf Performance-Kennzahlen sowie auf Ergebnisverteilungsregelungen, sogenannte „Waterfalls“. Die digitale Assistenz kann also eine tragfähige Basis für Struktur- und Deal-Entscheidungen des Fondsmanagements schaffen. Parallel unterstützt KI bei Reportingpflichten: Sie bereitet Daten für verschiedenste nationale und internationale Behörden vor und hält Kennzahlen für das Nachhaltigkeits-Reporting konsistent. Ergänzend kann ein KI-gesteuerter Frühwarn-Monitor steuerliche und regulatorische Änderungen im Portfolio überwachen.
Wenn die Datenqualität stimmt, unterstützt die KI sauber im Hintergrund, während Entscheidung und Verantwortung beim Fonds- und Steuerteam verbleiben.
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Erstveröffentlichung: The Property Post, Oktober 2025