26.09.2025

Refinanzierung im Stresstest

Strategien für Investoren und Finanzierer

Torsten Hollstein, Geschäftsführer, CR Investment Management
Torsten Hollstein

Der deutsche Immobilienmarkt steht vor einer Phase fundamentaler Bewährungsproben. Während in der Vergangenheit Anschlussfinanzierungen oft Routine waren, entwickeln sie sich heute zum entscheidenden Stresstest für Investoren, Kreditgeber und Asset Manager. Steigende Finanzierungskosten, sinkende Objektwerte und neue regulatorische Anforderungen verschärfen die Lage. Die zentrale Frage lautet: Wie können Marktteilnehmer auf die neuen Bedingungen reagieren?

Wohnimmobilien zeigen auf dem Immobilienmarkt erste Stabilisierungstendenzen, vor allem in Schwarmstädten. Anders die Gewerbeimmobilien: Büro- und Handelsflächen kämpfen mit Nachfrageeinbrüchen, ESG-Transformationsdruck und steigenden Kosten. Bewertungsanpassungen sind hier unvermeidlich. Transaktionen finden derzeit vor allem dort statt, wo Drittverwendungsfähigkeit und klare Nutzungskonzepte vorliegen.

Insolvenzen im Bestand nehmen zu
Nachdem zunächst Projektentwickler betroffen waren, geraten nun allerdings auch Bestandshalter ins Visier. Auslaufende Zinsbindungen und höhere Kapitaldienstkosten treffen viele Investoren hart. Laut BF.direkt-Marktradar ist in den kommenden Monaten mit einem deutlichen Anstieg von Insolvenzen im Bestand zu rechnen.
Die Finanzbranche zeigt sich trotz dieser steigender Risiken widerstandsfähig. Eigenkapitalpuffer und regulatorische Reformen wirken. Dennoch agieren Banken vorsichtiger und prüfen Anschlussfinanzierungen inzwischen so streng wie Neufinanzierungen. Workout-Abteilungen werden intern reaktiviert, um drohende Ausfälle frühzeitig zu managen. Eine große NPL-VErkaufswelle wie in der Finanzkrise ist bislang nicht erkennbar, doch Refinanzierungen sind keine Selbstläufer mehr.

Handlungsspielräume für Investoren
Investoren mit auslaufenden Finanzierungen müssen strategisch abwägen: halten, restrukturieren oder verkaufen? Frühzeitiges Handeln ist entscheidend, um über Kapitalnachschüsse, Umfinanzierungen oder selektive Verkäufe Spielräume zu schaffen. Alternative Kapitalquellen wie Debt Funds gewinnen an Bedeutung, sind aber mit höheren Renditeanforderungen verbunden.

Für Family Offices und institutionelle Anleger gilt: rechtzeitig Konsequenzen ziehen. Wer früh verkauft, profitiert von Wahlmöglichkeiten. Wer wartet, handelt oft unter Zwang. Vor allem Equity-Buyer nutzen derzeit Chancen bei Refinanzierungsproblemen.

Asset Management wird zur Schlüsselaufgabe
Die Finanzierung hängt heute zudem stärker von Objektstrategien ab. Asset Manager müssen ESG-Perspektiven aufzeigen, Nutzungskonzepte plausibilisieren und Kapitalstrukturen tragfähig gestalten. Gleichzeitig verschieben sich die Maßstäbe der Preisbildung: Transaktionen erfolgen vielfach unter Buchwert  und Zwangsverkäufe setzen neue Benchmarks für die Preise auf den Immobilienmärkten.

Fazit: Anpassung ist Pflicht
Die Immobilienfinanzierung hat den Bruch des Superzyklus bislang stabil überstanden. Doch die operative Ebene bleibt herausfordernd. Anschlussfinanzierungen sind heute  der Lackmustest für die Resilienz des Markts. Entscheidend ist ein realistischer Blick auf Werte und Finanzierungsfähigkeit – und der Mut, Portfolios neu auszurichten. Wer diese Dynamiken früh erkennt, kann auch 2025/26 sichere Finanzierungen erzielen und die Basis für künftige Stabilität legen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von CR Investment Management
Erstveröffentlichung: The Property Post, September 2025

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