14.10.2025

Klimaziele und ihre gesetzlichen Folgen

Wenn gute Absicht schadet: Die EU überspannt den Klimabogen und bremst die Branche aus.

Dr. Paul Kowitz, Geschäftsführer, KPC Berlin GmbH
Dr. Paul Kowitz

Klimaziele und ihre gesetzlichen Folgen
Es hat schon fast etwas Tragisches. Um es in einem Sprichwort zu sagen, hat die EU-Kommission die Schraube zu fest angezogen – jetzt ist das Gewinde hin.  So zum wiederholten Male geschehen in der Klimapolitik – und das hat leider (noch unabsehbare) Folgen für die Immobilienwirtschaft.
Zahlreiche Legislativakte sind in den vergangenen Jahren in der EU auf den Weg gebracht worden, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, darunter die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III), die Energieeffizienz-Richtlinie (EED) und die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD). Sie wurden oder werden gerade ins nationale Werk gesetzt, sodass die Immobilienwirtschaft in Kürze auch ihre gesetzlichen Auswirkungen zu spüren bekommen wird. 

Überregulierung bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung
Im Windschatten dessen versuchte die EU-Kommission dann auch noch ungebremst die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Form der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) und der CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive; Sorgfaltspflichten) nachzuschärfen. Die Nachschärfung mit der Erfassung zahlreicher bislang nicht erfasster Unternehmen und der Erhöhung der Datenpunkte löste heftigen Widerstand aus. Insbesondere jetzt, wo sich der (geo-)politische Wind zu drehen scheint, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft stärker betont wird und die Klimabewegung nicht mehr zu ihrer alten Stärke findet, war das die eine Umdrehung an der Schraube zu viel. Im EU-Parlament regte sich Widerstand, genauso wie in den Hauptstädten. Die EU-Kommission musste zurückrudern. In einem eilig herbeigeführten Omnibus-Verfahren wurden die Vorschläge zur CSRD und zur CSDDD nicht nur zurückgenommen, sondern der Status Quo auch noch in unerwarteter Deutlichkeit entschärft. Die Zahl der Unternehmen, die künftig wohl berichtspflichtig sein werden, dürfte jetzt nur noch sehr klein sein, und die Berichtsnotwendigkeiten auf ein Minimales reduziert. Wer zu viel will, bekommt am Ende eben gar nichts.

Wiederholung des Musters: Das EU-Klimagesetz 2040
Gleiches scheint sich jetzt an einem anderen Vorgang zu wiederholen. Doch anders als bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung, deren Zurückdrehen tatsächlich echte Bürokratieentlastung bedeutet, dürfte es dieses Mal nur auf den ersten Blick erfreulich sein.
Es geht um das EU-Klimagesetz 2040. Es soll den bereits eingeschlagenen Dekarbonisierungspfad der EU verstetigen und sieht nach Vorschlägen der EU-Kommission eine CO2-Reduktion von 90 Prozent bis 2040 gegenüber 1990 vor. Diese vermeintlich ungeheure Zahl ließ aufhorchen. Dass das Ziel an mehrerlei Stellen gewisse Flexibilitäten aufweist, weil z.B. Klimaprojekte in Drittstaaten auf das Ziel angerechnet werden dürfen (was freilich sogleich den Widerstand der Grünen im EU-Parlament lostrat), tut mithin in der aufgeladenen politischen Debatte kaum mehr etwas zur Sache. Das EU-Klimagesetz 2040 ist so wie die CSRD zum Symbol für eine Klimapolitik geworden, die keine Grenzen mehr zu kennen und wenig Rücksicht auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu legen scheint.

Ein riskanter Tausch: Emissionshandel gegen Zustimmung
Um das Klimagesetz 2040 zu retten, hat die EU-Kommission jetzt einen törichten Vorschlag gemacht. Sie bietet für die Zustimmung zum Klimagesetz an, den EU-Emissionshandel für Wärme (EU-ETS 2) zu reformieren. Der EU-ETS 2 soll ab 2027 eine europäische CO2-Bepreisung von Wärme vorsehen, was für Deutschland gewissermaßen die Europäisierung unseres eigenen Emissionshandels (BEHG) darstellt. Anders nur als in Deutschland, wo der Preis nächstes Jahr im Korridor von 55 bis 65 Euro je Tonne CO2 liegen soll, startet der EU-ETS 2 vereinbarterweise ab 1. Januar 2027 mit einem Preisdämpfungsmechanismus, der den CO2-Preis bei 45 Euro halten soll. Auch wenn es voraussichtlich dem komplizierten Mechanismus nicht gelingen wird, den Preis bei 45 Euro zu halten, so wird er anfänglich doch deutlich unter dem deutschen CO2-Preis des Jahres 2026 liegen. 

Folgen für die Wohnungswirtschaft und den KTF
Für die Wohnungswirtschaft ist das einerseits erfreulich, weil z.B. über das CO2-Kostenaufteilungsgesetz die absoluten Kosten, die beim Vermieter hängen bleiben, niedriger sind, wenn der CO2-Preis als solcher niedrig ist. Andererseits befüllt der Emissionshandel als einzige natürliche Einnahmequelle den Klima- und Transformationsfonds (KTF). Fast alle Förderprogramme im gebäudebezogenen Energieeffizienzbereich werden aus dem KTF finanziert. Bei einem niedrigen CO2-Preis brechen die Einnahmen weg und der KTF kann nicht mehr wie geplant verausgaben. Programme würden gekürzt, eingestellt oder – wie ja schon bekannt – kurzfristig im Rahmen der Bundeshaushaltsordnung über Nacht gestoppt.

Drohende Preisdeckel und ihre Konsequenzen
Zur Rettung des EU-Klimagesetzes 2040 bietet die EU-Kommission dem Vernehmen nach mehrere Optionen an. Entweder wird der Start des EU-ETS 2 auf 2028 oder gar 2030 verschoben. Oder es werden ab 2027 – politisch manipulativ – mehr Zertifikate in den Markt gegeben, damit der Preis ganz sicher unter die veranschlagten 45 Euro sinkt. Oder – und das wäre wohl ein Fiasko für den KTF – der EU-ETS 2 würde gleich zu Beginn mit einem echten, harten Preisdeckel von 20 oder 25 Euro gebändigt werden, so wie es Polen und viele andere osteuropäische Staaten schon über ein Jahr fordern. Selbst Frankreich hatte sich zwischenzeitlich gegenüber dieser Forderung wohlwollend gezeigt.
Mit so niedrigen CO2-Preisen im Wärmemarkt würde jede Lenkungswirkung verloren gehen. Die Kosten wären kaum spürbar, die Investition in eine energetische Gebäudesanierung kaum lohnend. Ohnedies würde der KTF implodieren und seine Ausgabenprogramme nicht mehr bedienen können. Also würde auch über Förderungen keine neue Energieeffizienzmaßnahme im Gebäudebereich angeschoben werden.

Fazit: Das unbrauchbare Gewinde
Die EU-Kommission hat mit dem EU-Klimagesetz also wieder so fest an der Schraube gezogen, dass das Gewinde im Emissionshandel unbrauchbar werden könnte. Dieser Weg führt unvermeidlich und in nachgewiesener Weise in den klimapolitischen Rückwärtsgang. Der CO2-Preis wäre ein anreizgerichtetes Instrument, das die Kosten der fossilen Nutzung etappenweise und planbar erhöht. Es obliegt jedem Marktteilnehmer, wann und in welcher Weise er aktiv wird. Das alleine würde schon reichen. Ergänzende ordnungsrechtliche Maßnahmen wie ein Klimagesetz auf EU-Ebene oder staatliche Vorgaben, auf welche Heiztechnik man zwangsläufig gehen muss, sind kontraproduktiv und bewirken genau das Gegenteil, was es jetzt braucht: Akzeptanz und Zuversicht.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von KPC Berlin GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, Oktober 2025

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