23.10.2025

Institutionelle und Wohninvestments

Nach drei Jahren Stillstand kehrt Bewegung in den Wohnimmobilienmarkt zurück.

Susanne Osadnik, Senior Kommunikationsberaterin, RUECKERCONSULT GmbH
Susanne Osadnik

Drei Jahre lang war die Investmenttätigkeit am Wohnimmobilienmarkt gering. Jetzt gibt es erste Anzeichen für eine Erholung: Die Anzahl der Transaktionen steigt und die Preise bewegen sich seitwärts bis leicht aufwärts. Dennoch bleibt das makroökonomische Umfeld schwierig; Unsicherheiten prägen das Marktgeschehen. Immobilienprofis subsummieren die aktuelle Lage unter dem Kürzel VUCA: Vulnerabilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. 
Trotz nicht idealer Voraussetzungen müssen viele institutionelle Anleger aber wieder investieren. Das Kapital ihrer Kunden fließt kontinuierlich in ihre Depots und soll vermehrt werden. Schließlich muss man Pensionsverpflichtungen nachkommen oder Rechnungszinserwartungen erfüllen.

Transaktionsvolumen im Wohnsegment wächst wieder
Dass es langsam wieder vorangeht, zeigen die jüngsten Zahlen des Beratungsunternehmens Colliers. Danach erreichte das institutionelle Wohninvestmentsegment im ersten Halbjahr 2025 ein Transaktionsvolumen von rund 4,3 Milliarden Euro – acht Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, in dem vier Milliarden Euro verzeichnet wurden. Wohninvestments bleiben insofern eine attraktive Anlageklasse, weil die Nachfrage nach Wohnraum insbesondere in den Metropolregionen ungebrochen ist und sich die Mieten in den städtischen Ballungsräumen nach Einschätzung von Marktbeobachtern fortsetzen wird. Laut Immobilienberater Colliers sind die Angebotsmieten im Bestand in den A-Lagen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund vier Prozent und im Neubausegment um sechs Prozent gestiegen. 

Gleichzeitig verzeichnete bulwiengesa bis Mitte 2025 einen Rückgang der Wohnungsbaustarts um 85 Prozent gegenüber Ende 2022. Ein drastisches Signal. Besonders betroffen ist der bezahlbare Wohnraum: Während sich Bestandsmieten um bis zu 3,7 Prozent verteuerten, stagniert der Neubau. Die Folge: Der Angebotsmangel verschärft sich weiter, auch durch hohe Baukosten, Fachkräftemangel und wachsende ESG-Auflagen.

Rund 20 Prozent der Institutionellen wollen Immobilienquote steigern
Welche Strategien verfolgen institutionelle Investoren angesichts dieser Gemengelage? Die INDUSTRIA, Immobilien-Asset-Manager aus Frankfurt, wollte es genau wissen und hat Marktteilnehmer zu ihrer künftigen Immobilienallokation befragt. Das Ergebnis: 19 Prozent der Umfrageteilnehmer wollen ihre Immobilienquote in den kommenden 18 Monaten leicht oder deutlich steigern. Bei der Befragung im Vorjahr waren es dagegen nur drei Prozent. Knapp die Hälfte der Investoren will ihre Immobilienquote in den kommenden eineinhalb Jahren konstant halten (2023: 64 Prozent). Rund ein Drittel will sie leicht oder deutlich reduzieren, etwa so viel wie im Vorjahr. Die durchschnittliche aktuelle Immobilienquote der befragten Investoren beträgt dabei 22 Prozent. Allerdings planen im genannten Zeitraum etwa drei Viertel der Befragten gar nicht direkt zu investieren, etwa zwei Drittel wollen nicht indirekt investieren.

Zu der Mehrheit, die sich in diesem wie auch im kommenden Jahr noch mit Investitionen zurückhalten will, ist etwa die Sparkasse Nürnberg. Matthias Pöferlein, Leiter Treasury, stellvertretender Direktor Immobilienkunden, Kommunen, Institutionen und Treasury, spricht von „ausallokiert“. „Wir haben dieses Jahr nichts angekauft und werden auch 2026 wahrscheinlich nicht ankaufen. Wir haben den Vorteil, dass wir sehr früh mit Immobilien angefangen haben und auch sehr früh auch wieder aufgehört haben. Wenn wir 2026 etwas im Bereich Wohnimmobilien machen, dann ist das aller Voraussicht nach Veredelung im Bestand.“

Günstiges Zeitfenster für Investments nutzen
Aus Sicht der INDUSTRIA haben Investoren genau jetzt die Chance, den Wohnimmobilienanteil auszubauen. „Die Kaufpreise haben ihr Zwischentief durchschritten und ziehen allmählich wieder an, während die Mietnachfrage in den Ballungsräumen weiterhin auf zu wenig Angebot trifft“, sagt Thomas Wirtz FRICS, Geschäftsführer der INDUSTRIA. „Daher haben wir die Gelegenheit ergriffen, ein junges Bestandsportfolio mit Baujahren zwischen 2014 und 2017 zu erwerben, von dessen Qualitäten wir absolut überzeugt sind.“ Der Immobilienmanager, der Teil der Becken-Gruppe ist, erwarb in diesem Frühjahr für ein Individualfondsmandat ein Bestandsportfolio aus drei Mehrfamilienhäusern in Glienicke/Nordbahn bei Berlin, Oberursel bei Frankfurt und Fellbach bei Stuttgart. Insgesamt wechselten 372 Wohneinheiten den Besitzer. „Mit dem Verkäufer konnten wir einen Preis verhandeln, der es uns ermöglicht, unseren institutionellen Investoren als Kapitalgeber eine strategiekonforme Ausschüttungsrenditeaufzuzeigen“, so Wirtz. 

Der Blick über Deutschlands Grenzen hinaus
Die Hamburger Pensionsverwaltung (HAPEV) verwaltet aktuell neun Pensionskassen und Pensionsfonds mit Vermögenswerten von insgesamt rund zwölf Mrd. Euro. Der Anteil an Wohnimmobilien liegt aktuell bei 15 Prozent und soll weiter wachsen – nicht nur hierzulande, sondern auch in den Niederlanden, Spanien und Großbritannien. Allerdings sind auch die Hamburger in den vergangenen Jahren vorsichtig gewesen und haben nur vereinzelt in Wohnen investiert. Mittelfristig soll der Wohnanteil unter Nutzung guter Kontakte zu Projektentwicklern ausgebaut werden. „Wir investieren auch 2026 – auch in Deutschland. Allerdings werden wir keine fertiggestellten Neubauwohnungen mit einer Nettoanfangsrendite von 3,5 Prozent kaufen. Dies reicht uns schlicht nicht, um unsere Verpflichtungen bedienen zu können. Wir prüfen andere Wege – beispielsweise den früheren Einstieg bereits beim Grundstückserwerb – um so am Ende höhere Renditen zu erreichen“, führt Gut aus. "Eine große Herausforderung ist die mangelnde Planbarkeit von KfW-Mitteln. Hier würde ich mir mehr Planungssicherheit wünschen.“

Christoph Drdla, Senior Fund Manager Dachfondsmanagement und Prokurist bei der Raiffeisen Immobilien Kapitalanlage-Gesellschaft m.b.H. sagt: „Ich bin überzeugt, dass Wohnimmobilien trotz manch regulatorischer Eingriffe nach wie vor ein institutionelles Produkt bleiben, weil sie einfach Grundbedürfnisse bedienen und einen stabilen diversifizierten Cash Flow liefern.“ Mit Blick auf 2026 sagt er: „Wir schauen uns aktuell ebenfalls Wohnen-Produkte an, verstärkt auch Manager, die Value-add-Strategien verfolgen. Die Strategie muss aber immer zum jeweiligen Markt passen und auch von einem erfahrenen Manager mit lokalem Know-how umgesetzt werden. Wir sehen hier grundsätzlich gute Einstiegszeitpunkte und auch wieder verstärkt spannende Produkte.“

Chancen durch antizyklische Investments und Value-add
Wie bereits im Vorjahr konnte sich die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe (ÄVWL) bei den 19. portfolio institutionell Awards am 27. März 2025 in Berlin den ersten Platz in der Kategorie „Bester Investor Immobilien“ sichern. Zuvor war das Versorgungswerk bereits 2021 und 2022 in dieser Kategorie ausgezeichnet worden. 

Die Begründung: Das Versorgungswerk habe bei der Performance über drei und über fünf Jahre hinweg über der Benchmark anderer institutioneller Anleger gelegen – dank strategischer Weitsicht und konsequenter Umsetzung. In Münster denke man langfristig über Zyklen hinweg. Zugleich trete das Ärzteversorgungswerk als aktiver Investor auf, indem es Immobilien gezielt kauft und verkauft. Nach Einschätzung der Expertenjury passe die ÄVWL ihre Strategie den fundamentalen Entwicklungen an. Das gehöre die Umstellung der Portfolios sowie antizyklische Investitionen. 

Aktuell liegt die Wohninvestmentquote des Versorgungswerks bei zwölf Prozent. Daran könnte sich laut Matthias Huesmann in Zukunft etwas ändern. „Wir halten sowohl im Inland wie im europäischen Ausland nach entsprechenden Investitionsmöglichkeiten Ausschau“, sagt der gelernte Banker, der für die Immobilieninvestitionen der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe verantwortlich ist. „Aber auch in Nordamerika gibt es Opportunitäten, die wir uns näher anschauen.“

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von RUECKERCONSULT GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, Oktober 2025

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