Stabile Anlageklasse auch in unruhigen Zeiten
Der europäische Lebensmitteleinzelhandel musste sich vielen Herausforderungen stellen: Corona, der hohen Inflation, verändertem Konsumverhalten und der Zinswende. Die Assetklasse hat das alles mit Bravour gemeistert. Europäische Lebensmitteleinzelhandelsimmobilien sind daher eine wertvolle Ergänzung im institutionellen Immobilienportfolio.
The Property Post: Frau Michalzik, was spricht aus Ihrer Sicht für eine Investition in den Bereich Food Retail? Das Argument „gegessen wird immer und überall“ reicht da vermutlich nicht aus…
Kathrin Michalzik: Wobei das schon ein gutes Argument ist. Tatsächlich hat sich der Lebensmitteleinzelhandel in den vergangenen beiden Jahren als sehr robust erwiesen. Aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten haben vor allem die Discounter profitiert, und sind weiter in der Gunst der Konsumenten gestiegen. Insgesamt hat sich der Sektor in durchaus herausfordernden Marktphasen sehr widerstandsfähig gezeigt. Neben der hohen Resilienz und soliden Fundamentaldaten sprechen auch die starke Mieterbonität führender Einzelhändler zusammen mit indexierten und langfristigen Mietverträgen für den Sektor.
TPP: Die Corona-Jahre haben dem Lebensmitteleinzelhandel ordentliches Wachstum beschert. Läuft es jetzt wieder „normal“?
KM: Wir beobachten eine Normalisierung der Nachfrage nach den umsatzstarken Pandemiejahren. Gleichzeitig haben sich die Einzelhandelsumsätze im Lebensmittelhandel in Europa stabilisiert. Grundsätzlich ist die langfristige Konsumprognose stabil und offenbart einmal mehr den nicht-diskretionären Charakter des Lebensmitteleinzelhandels. Und auch die Händler haben sich mit robusten Gewinnmargen bewährt. Sie konzentrieren sich mehr denn je auf Kosteneffizienz und Profitabilität – auch ausgelöst durch höhere Energiekosten, den Preisclinch mit den Herstellern und die Notwendigkeit, in nachhaltige und zukunftsfähige Sortimente und Verkaufsflächen zu investieren.
TPP: Langfristig orientierte Investoren interessieren sich für stabile Erträge und lang laufende Mietverträge. Wie sieht das im europäischen Vergleich aus?
KM: Zunächst einmal werden im europäischen Lebensmitteleinzelhandel nach wie vor langfristige Mietverträge abgeschlossen. In Großbritannien haben sich die Mietverträge für Lebensmitteleinzelhandelsimmobilien sogar tendenziell verlängert. Die Laufzeit beträgt dort zwischen 15 und 20 Jahren. Dasselbe gilt für den portugiesischen Markt. Und in Skandinavien werden Mietverträge generell für Zeiten zwischen 10 und 15 Jahren abgeschlossen. In Deutschland laufen die Verträge meist fünf bis zwölf Jahre. Nur in Spanien und den Niederlanden liegen die Laufzeiten mit fünf bis zehn Jahren noch ein bisschen darunter. Außerdem sorgen in den meisten europäischen Ländern indexierte Mietverträge langfristig für stabile Mieteinnahmen. In Italien, Spanien und Schweden, wo das noch kein Standard ist, sind inzwischen auch Anpassungen an die Marktstandards zu beobachten.
TPP: Worauf hat ein europäisch orientierter Investor bei Investitionen zu achten, wenn es um die Standortwahl geht?
KM: Die Ausgangslage für Investitionen ist stets die Frage nach einer positiven Bevölkerungsentwicklung. Gleichzeitig geht es um Mindesteinzugsgebiete im urbanen und/oder im eher ländlichen Raum. Und ganz entscheidend ist auch der Betreiber des jeweiligen Marktes: Ein lokaler Platzhirsch sollte immer dabei sein. Zum Beispiel Mercadona in Spanien, Carrefour in Frankreich und Tesco in Großbritannien. Unsere Investitionsentscheidungen richten sich gezielt nach der Qualität der Betreiber, da Marktführer deutlich effizienter agieren und aus unserer Sicht klare Wettbewerbsvorteile besitzen.
TPP: Welche Rolle spielt die Entscheidung zwischen Discounter oder Supermarkt?
KM: In Westeuropa entfallen 55 Prozent des Umsatzes und der Ladenflächen am Gesamtmarkt auf Discounter und Supermärkte. Damit sind sie die dominierenden Handelsformate. Allerdings sind Supermärkte in Spanien und Portugal sehr viel größer als beispielsweise hierzulande. In Deutschland würde man die 8000-Qudratmeter-Grenze nicht überschreiten. Die sogenannten Hypermärkte, riesige Supermärkte am Rande der Städte gibt es traditionell in Frankreich. Sie spielen im europäischen Kontext aber keine Rolle. Im Bereich der Discounter sind Deutschland und Dänemark schon weit fortgeschritten. In beiden Ländern hat sich das Format weitgehend etabliert. In Irland hingegen, wo die Bevölkerung zügig wächst und es noch viele kleine örtliche Supermärkte gibt, wird der Bedarf an Discountern und auch größeren Supermärkten kontinuierlich zulegen. Wir haben es da mit einem echten Wachstumsmarkt zu tun.
TPP: Im Rahmen der Zinswende haben auch europäische Handelsimmobilien eine Preiskorrektur erfahren. Ein günstiger Zeitpunkt zum Einstieg in den Markt?
KM: In der Tat. Im Zeitraum zwischen Sommer 2022 und Ende 2023 wurden die Marktrenditen für Supermärkte in Europa im Durchschnitt um bis zu 120 Basispunkte korrigiert. Die Immobilienpreise haben sich stabilisiert und sind im Vergleich zu anderen Anlageklassen wieder attraktiver geworden.
TPP: Ihr Ausblick für die nahe Zukunft?
KM: Der Lebensmitteleinzelhandel wird aufgrund seiner starken Fundamentaldaten weiter in den Investmentfokus institutioneller Investoren treten und sollte aufgrund seines aussichtsreichen Rendite-/Risiko-Profils und der Diversifizierungsmöglichkeiten auf europäischer Ebene in keinem zukunftsorientierten Immobilienportfolio fehlen. Verlässlicher Konsum auch in Krisenzeiten, starke Mieterbonität und langfristig stabile Mieterträge sprechen für sich.
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Erstveröffentlichung: The Property Post, Dezember 2025