Der Schlüssel für effiziente Infrastrukturinvestitionen
Angespannte Haushalte, steigende Baukosten und wachsende Investitionsbedarfe – die Lage der Bauwirtschaft ist äußert heterogen. Zugleich gewinnt die Diskussion um das Partnerschaftliche Bauen in diesen Zeiten erneut an Dynamik. Aus Sicht der Bauindustrie zeigt sich: Ohne flexible Vergabestrukturen, ohne die Möglichkeit, Planen und Bauen zusammen zu denken und ohne echte Kooperation entlang der Wertschöpfungskette werden wir die Herausforderungen nicht bewältigen.
Fehlende Zusätzlichkeit beim Sondervermögen
Mit der Einrichtung des Sondervermögens Infrastruktur und Klimaneutralität verband sich das Versprechen, Investitionen zusätzlich zum Kernhaushalt zu ermöglichen. Dieses Versprechen wurde nicht eingelöst. Statt neuer Mittel erleben wir einen Verschiebebahnhof: Haushaltsmittel werden gekürzt und durch Gelder aus dem Sondervermögen ersetzt. Die Folge: faktisch kein Zuwachs, sondern Stagnation – und das bei einem Investitionsstau, der sich nach dem Brückeneinsturz in Dresden und der Sperrung der Rahmede-Brücke auf dramatische Weise offenbart hat.
Die Konsequenz: Projekte verzögern sich, Kommunen bleiben auf steigenden Defiziten sitzen, und die Bürgerinnen und Bürger verlieren das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates.
Vergaberecht als Flaschenhals
Neben einer soliden und verlässlichen finanziellen Ausstattung der Öffentlichen Hand brauchen Auftraggeberinnen und Auftraggeber sowie Bauunternehmen vor allem „Beinfreiheit“. Ein zentrales Hindernis hierbei liegt im Vergaberecht. Der jüngste Entwurf für ein Vergabebeschleunigungsgesetz sollte diese Hürde beseitigen und vor allem Beschleunigung und Flexibilität ermöglichen. Was gut gemeint ist – die Einbindung kleinerer Betriebe – wird in der Praxis zu einem kaum mehr erfüllbaren Aufwand für öffentliche Auftraggeber.
Ein Beispiel: Der Bau einer Schule kann bis zu 50 Einzellose umfassen. Jede Vergabe erfordert mehrere Angebote, Auswertungen und Bietergespräche. Kleine Bauverwaltungen sind damit jahrelang beschäftigt, bevor der erste Stein gesetzt wird. Am Ende entstehen Zeitverzögerungen, Mehrkosten – und Frustration bei allen Beteiligten.
Das Partnerschaftliche Bauen verlangt hier ein Umdenken: Projekte sollten je nach Struktur, Komplexität und Kapazität der Unternehmen flexibel vergeben werden können. Eine Gesamtvergabe darf nicht per se zur juristischen Ausnahme erklärt werden. Sie muss als rechtssichere Option den Möglichkeitenraum ergänzen.
Vielfalt als Stärke
Die deutsche Bauwirtschaft ist vielfältig: Den Großteil bilden eher kleine Handwerksunternehmen, daneben gibt es einen starken mittelständischen Kern und einige, wenige große Firmen. Diese Struktur ist kein Hindernis sondern eine Stärke. Denn sie erlaubt es, große wie kleine Projekte gleichermaßen umzusetzen – sofern die Vergabe die Zusammenarbeit fördert.
Partnerschaftliche Modelle, bei denen Planung, Bau und teilweise auch Betrieb in einer Hand liegen, können diese Vielfalt abbilden und gleichzeitig Innovationspotenziale heben. Serielles Bauen, neue Baustoffe oder energieeffiziente Konzepte lassen sich in solchen Strukturen besser einbringen als in einem starren Vergabekorsett.
Weniger Bürokratie, mehr Bauen
Partnerschaftliches Bauen bedeutet nicht, den Wettbewerb auszuhebeln. Es bedeutet vielmehr, den öffentlichen Auftraggebern mehr Entscheidungsfreiheit zu geben. Nur wenn Kommunen und Länder die passenden Modelle wählen können, lassen sich Projekte effizient realisieren. Externe Gutachten und zusätzliche Beratungskosten würden reduziert, die Terminsicherheit verbessert, und die Kostengenauigkeit erhöht.
Ein Appell an die Politik
Der Bundeskanzler hat zu Recht festgestellt: „Wir bauen zu kompliziert, zu langsam, zu ineffizient.“ Das Partnerschaftliche Bauen ist eine Antwort darauf. Es setzt auf Vertrauen, auf Kooperationsmodelle und auf die Anpassung der Vergabestrukturen an die Realität der Bauwirtschaft.
Ziel sollte sein, den rechtlichen Rahmen so gestalten, dass die vorhandenen Mittel bestmöglich und effizient wirken. Dazu gehört:
Nur so werden wir das erreichen, was dringend nötig ist: schneller, effizienter und nachhaltiger zu bauen – partnerschaftlich, im Sinne aller Beteiligten und zum Nutzen der Gesellschaft.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB)
Erstveröffentlichung: The Property Post, Oktober 2025