Deutschlands Wirtschaft stagniert. Abhilfe schaffen könnten beherzte Maßnahmen auf Bundesebene
Hohe Arbeits- und Energiekosten sowie Steuerbelastungen und Regulierungen lassen wenig Spielraum für neue Investitionen. Haben deutsche Unternehmen während der Finanzkrise und in Corona-Zeiten Licht am Ende des Tunnels sahen, sind sie aktuell wenig positiv gestimmt. Selbst Entlassungen von Mitarbeitenden sind kein Tabu mehr. TPP befragte Prof. Dr. Dr. h.c.Lars Feld auf der Investmentexpo 2025 zu Investitionspaketen, Bürokratieabbau und Steuersenkungen.
The Poperty Post: Herr Prof. Feld, die Wirtschaftsweisen gehen aktuell wieder von einem Nullwachstum für Deutschland aus. Woran liegt das?
Prof. Dr. Lars Feld: Wir sind im vierten Jahr der Stagnation, was vor allem daran liegt, dass die Unternehmen in Deutschland nicht mehr in hinreichendem Umfang investieren. Verantwortlich dafür sind hohe Arbeits- und Energiekosten. Dazu kommen hohe Steuerbelastungen und Regulierungen, die den Unternehmen die Luft zum Atmen nehmen. Wenn es weiterhin keine Erleichterungen für sie gibt, wird es schwer, diese Stagnation zu überwinden. Natürlich bremst uns auch die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump aus. Wir können aber durch eigene Maßnahmen mehr Dynamik entfachen, wenn wir denn bereit sind, Reformen durchzuführen.
TPP: Sie haben kürzlich von Entlassungen oder sogar Massenentlassungen gewarnt ...
LF: Massenentlassungen sind eine Zuspitzung der Medien. Tatsächlich habe ich von nennenswerten oder spürbaren Entlassungen gesprochen. Ob Autozulieferer, Dienstleistungsbereich oder Gastgewerbe. Überall sehen sich Unternehmen überhöhten Kosten gegenüber und sagen: „Das halten wir nicht mehr durch.“ Die Konsequenz sind Entlassungen. Ein Beispiel: Der Maschinenbaukonzern Trumpf in Ditzingen hat während des Wirtschaftseinbruchs in der Finanzkrise seine Beschäftigten gehalten, weil er wusste, dass es nach der Krise weitergehen wird. Ebenso verhielt es sich in Corona-Zeiten. Jetzt aber sieht Trumpf nicht mehr so richtig, wie es weitergehen soll und will bis zu 1000 Stellen streichen.
TPP: Aktuell wird die Kombination aus Abschreibung und darauf folgende Steuerersatzsenkung diskutiert. Ist das ein gangbarer Weg der Bundesregierung?
LF: Das könnte durchaus Wirkung zeigen. Allerdings sind drei Jahre Abschreibungsvergünstigungen noch keine bessere Standortpolitik. Der Erfolg wird davon abhängen, ob die Steuersenkungen danach auch wirklich kommen. Außerdem müssen die Abschreibungsmöglichkeiten auch genutzt werden können. Wenn Unternehmen kaum noch Gewinne ausweisen, werden sie auch von den Abschreibungen nicht viel haben. Will man mit Abschreibungen Breitenwirkung erlangen, muss man parallel auch die Verlustverrichtung verbessern.
TPP: Die Bundesregierung hat den Weg für große Investitionen geebnet. Wird das die Konjunktur nachhaltig anregen?
LF: Ich bin bei Verschuldungen und Konjunkturanregungen immer vorsichtig. In der aktuellen Situation muss man fragen: „Was macht der Staat mit diesen höheren Schulden? Zur Ertüchtigung der Landesverteidigung halte ich Schuldenfinanzierung für den richtigen Weg. Fraglich ist aber, ob nennenswerte Summen schnell ausgegeben werden können. Die 500 Milliarden für Infrastruktur über zwölf Jahr sind aufgrund langer Genehmigungsverfahren ein noch steinigerer Weg. Die Spielräume im Kernhaushalt, die durch das Sondervermögen geschaffen werden, könnten für Wachstum sorgen, werden aber überwiegend für Konsum-und Transferausgaben genutzt. Das ist der falsche Weg.
TPP: Stichwort De-Regulierung. Schaffen wir den Abbau der Bürokratie?
LF: Machbar ist es immer. Aber in einem Mehr-Ebenen-System mit Europäischer Union, Bund, Länder, Gemeinden ist es nicht einfach. Ein Ansatz wäre beispielsweise die Veränderung des Verfahrensrechts, das uns die Genehmigungsverfahren erleichtern würde.
TPP: Wie steht es um niedrige Energiepreise für die Industrie?
LF: Die Bundesregierung setzt darauf, Abgaben, die es im Energiebereich noch gibt, zu senken. Das trifft vor allem auf die Stromsteuer und die Netzentgelte zu. Bei dem Thema Industriestrompreis sehe ich bei der Ausweitung auf der Angebotsseite kräftige Fortschritte, etwa den schnelleren Zubau von Gaskraftwerken. Deshalb finde ich, dass wir im Bereich Energiekosten deutlich mehr Licht als Schatten sehen werden.
TPP: Professor Feld, vielen Dank für das Gespräch.
Das ganze Interview finden Sie unter https://www.youtube.com/watch?v=fk4Iqr1FoZo
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Erstveröffentlichung: The Property Post, Juni 2025